Der Kürbis-König von Tapfheim

von Redaktion

INTERVIEW Luca Stöckl über den Europameister-Titel mit seiner 1041,5 Kilo-Züchtung

Der schwerste Kürbis Europas kommt aus Bayern. Luca Stöckl aus Tapfheim (Kreis Donau-Ries) hat bei der Europameisterschaft der Kürbiszüchter in Ludwigsburg rund 20 Mitbewerber hinter sich gelassen. Im Interview erzählt der 20-Jährige, der an der TU München Molekulare Biotechnologie studiert, wie ihm dieses Kunststück gelungen ist.

Herr Stöckl, ist Kürbiszüchten für einen Studenten nicht ziemlich uncool?

Es ist schon ein außergewöhnliches Hobby. Aber uncool ist es nicht, es ist sogar sehr cool. Früher in der Schule fanden es die Leute ein bisschen komisch, aber jetzt feiern es alle. Ich stehe voll dazu. Ich möchte nicht normal sein, sonst wäre das Leben nicht lebenswert. Man muss sich ja auch hervorheben. Meine anderen Hobbys sind dafür alle recht normal. Ich fahre zum Beispiel gerne Ski und Kajak.

Wie sind Sie zum Kürbiszüchten gekommen?

Das hat schon ganz früh angefangen, als ich acht Jahre alt war. Ich war immer von Kürbissen fasziniert. Bei uns im Nachbardorf gab es einen Kürbiswettbewerb für Kinder, den habe ich direkt gewonnen. Ab dann war ich infiziert, und die Kürbisse wurden immer größer.

Wie kommt man als Grundschüler auf die Idee, Kürbiszüchter zu werden?

Über die Jahre habe ich meinen Vater traktiert, dass wir mal nach Ludwigsburg fahren. 2016, als ich 13 war, sind wir das erste Mal dort gewesen. Da wurde dann auch gleich der neue Weltrekord aufgestellt. Das war natürlich ein tolles Erlebnis. Ab dem Jahr wurde es bei mir professioneller.

Sieben Jahre später sind Sie Europameister. Wie hat sich der Sieg angefühlt?

Ich hab’s erst ein paar Tage später so richtig realisiert. Natürlich war die Freude richtig groß. Die Familie hat sich gefühlt noch mehr gefreut als ich. Die haben mich alle tatkräftig unterstützt. Das ist nicht selbstverständlich, deshalb ist es auch mit deren Erfolg und nicht allein meiner.

Wie war die Stimmung bei der Europameisterschaft?

Ludwigsburg ist ja die weltgrößte Kürbisausstellung. Man trifft alte Bekannte und findet neue Freunde. Am Abend vorher haben wir auch immer noch ein Züchtertreffen. Es ist ein sehr freundschaftliches Hobby, bei dem man sich gegenseitig hilft. Wir teilen alles mit jedem.

Also gibt es keinen Konkurrenzkampf?

Am Ende zählt natürlich, wer den größten Kürbis hat. Aber wir Züchter unterstützen uns sehr. Der Zweitplatzierte Stefano Cutrupi hat sich gefreut, wie wenn er Erster geworden wäre, weil ich endlich Europameister geworden bin.

Wie viel hat Ihr Sieger-Kürbis am Ende gewogen?

Er war 1052 Kilo schwer, als wir ihn geerntet haben. Da war der Kürbis 94 Tage alt. Damit habe ich den deutschen Rekord aufgestellt. Das war der erste Kürbis über 1000 Kilo. Bei der Europameisterschaft in Ludwigsburg hat er dann noch 1041,5 Kilo gewogen. Der Kürbis war auch mehr als doppelt so groß wie mein letzter. Ich hatte noch nie eine bessere Pflanze. Er ist ja auch wunderschön geworden.

Wie haben Sie dieses Schwergewicht von Tapfheim nach Ludwigsburg gebracht?

Auf dem Autoanhänger. Diese Fahrt war wie auf rohen Eiern. Wir haben den Kürbis mit sechs Spanngurten und Antirutschmatten gesichert. Man muss auch ganz langsam und vorausschauend fahren. So ein riesiger Kürbis ist natürlich eine Attraktion auf der Autobahn. Das kann schnell zu Unfällen führen, weil es eine Ablenkung für die anderen Autofahrer ist. Zum Glück ist alles gut gegangen.

Was passiert mit dem Kürbis in nächster Zeit?

Er steht jetzt noch weiter in der Ausstellung, und an Halloween wird er geschnitten. Dafür braucht man ein sehr langes Messer oder eine Fuchsschwanz-Säge. Das übernimmt ein professioneller Kürbis-Schnitzer.

Welche Sorte eignet sich für die Zucht am besten? Wäre der Kürbis essbar?

Das ist eine Sorte aus den USA, die heißt „Atlantic Giant“. Aus Amerika kommt das Kürbiszüchten auch. Das ist eine ganz normale Züchtung, auch nicht genetisch manipuliert. Die wäre essbar, aber schmeckt nach wenig.

Wie haben Sie es geschafft, einen so großen und schweren Kürbis zu züchten?

Ich habe ein Gewächshaus mit 200 Quadratmetern, darin wächst er. Es ist nicht so leicht, einen Kürbis dann auch bis zum Ende durchzubringen. Da gehört immer ein bisschen Glück dazu. Und Verständnis für den Boden und das Wachstum vom Kürbis. Das Gewächshaus ist auch klimatisiert, damit es nachts genauso warm ist wie tagsüber. In der Hauptwachstumsphase legt er etwa 30 Kilo am Tag zu. Das ist schon sehr viel, da besteht immer das Risiko, dass der Kürbis kaputtgeht.

Wie viel Zeit verwenden Sie fürs Kürbiszüchten?

In der Hauptwachstumsphase von Ende Mai bis Mitte Juli zwei bis drei Stunden am Tag. Das ist dann schon viel Aufwand. Ab Mitte Juli muss man dann nur noch die Pflanze am Leben erhalten und kontinuierlich bewässern. Wenn er dann noch kaputtgeht, ist es sehr schade. Einen so großen Kürbis zu züchten, kostet ja auch Geld.

Wie viel haben Sie in den Kürbis gesteckt?

Am Ende kostet es ungefähr 2500 Euro. Den größten Teil machen die Dünger aus. Dazu kommen viele kleine Dinge, die sich aufsummieren, zum Beispiel die Fungizide, das Gewächshaus und die Kühlanlage.

Gab es auf dem Weg zum Europameister auch Tiefpunkte?

Letztes Jahr sind mir beide Kürbisse kaputtgegangen. Einmal war mein Vater schuld, der hat den Kürbis mit dem Heizlüfter gegrillt, ohne mich zu fragen. Der zweite ist durchs Wachstum geplatzt. Danach habe ich mir gesagt, einmal noch gescheit, und dann höre ich auf.

Denken Sie jetzt immer noch ans Aufhören?

Es ist schon ein sehr großer Aufwand. Ich musste jeden Tag drei Stunden pendeln, nach Hause zum Gewächshaus und wieder zurück, um den Kürbis zu züchten. Nächstes Jahr werde ich noch einmal angreifen und versuchen, den Weltrekord zu brechen. Der liegt aktuell bei 1246 Kilo. Das ist nicht mehr ganz so weit weg.

Interview: Vnzent Fischer

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