München – Nein, er wolle nicht als „beleidigte Leberwurst“ dastehen. Aber auch nicht einfach schweigen. Hans Well (70), langjähriger Texter und Kopf der Biermösl Blosn, ist stinksauer auf drei seiner Brüder: Michael, Christoph und Karl Well. Und auf den Großwesir des Bayern-Kabaretts, Gerhard Polt. Der aktuelle Anlass ist ein (eher unbekannter) Umweltmedienpreis. Die tiefere Ursache ist ein jahrelanges Zerwürfnis der Well-Brüder, die einst die legendäre Biermösl Blosn bildeten. Bis die Gruppe 2011/12 nach länger schwelenden Meinungsverschiedenheiten auseinanderging – ohne grundsätzlich zu klären, wie es denn mit dem Erbe weitergeht. So tief ist der Graben jetzt, dass Hans Well schon von Urheberrechtsverletzung spricht. Und dass er sich „nicht mehr alles gefallen lässt“.
Was war geschehen? Vergangenen Mittwoch hat in Berlin die Deutsche Umwelthilfe, jener nicht ganz unumstrittene Verein, den mancher als Abmahnorganisation ansieht, ihren „Umweltmedienpreis 2023“ verliehen. Er ging an Journalisten, Dokumentarfilmer und eben auch als Auszeichnung „für ihr Lebenswerk“ an Gerhard Polt und die Brüder Christoph, Karl und Michael Well. In der Würdigung hieß es: „Über Jahrzehnte haben Gerhard Polt und die Well-Brüder gezeigt, was Satire und Kleinkunst in Sachen Umwelt- und Klimaschutz erreichen können. Die Aufdeckung der Amigo-Affäre zum Rhein-Main-Donau-Kanal, ihr Widerstand gegen die Atomkraft oder ihr Einsatz für Dosenpfand und Mehrweg sind unvergessen.“
Das hat Hans Well in Zankenhausen (Kreis Fürstenfeldbruck) tief verstimmt. Denn die meisten der Texte, für die die Auszeichnung verliehen wurde, stammen aus seiner Feder. „Das Ganze bestärkt meine Befürchtung, dass sich die Brüder Michael, Christoph und Karl wirklich einen Teil meiner Biografie aneignen wollen“, heißt es in einer E-Mail an unsere Zeitung.
Es ist ja auch nicht der erste Affront. Auf ihrer CD „40 Jahre Wellbrüder aus’m Biermoos und Gerhard Polt“ vermieden es die Beteiligten fast krampfhaft, Texte von Hans Well zu verwenden, obwohl ja die „Well-Brüder“ zumindest in den ersten 30 Jahren vor allem als Biermösl Blosn zusammen mit Polt aufgetreten sind. Es ist eben Definitionssache, wen man mit „Well-Brüder“ meint. Als Teil des „subversiven Brüder-Trios“ (Eigen-PR für die CD) taucht jetzt Karl Well auf – der aber früher gar nicht dabei war und weder beim Protest gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf noch beim musikalischen Protest gegen die Isentalautobahn irgendwie in Erscheinung getreten ist. Tausche Hans gegen Karl – so einfach ist das offenbar.
Ähnlich war es bei der Tournee, die die „Well-Brüder“ mit Polt und den Deutsch-Punkrockern der „Toten Hosen“ im vergangenen Sommer veranstalteten. Statt Hans Well machte Karl mit. Die große Werbekampagne baute ganz klar auf dem Nimbus der Vergangenheit auf, erinnerte an gemeinsame Zeiten beim großen Anti-WAAhnsinns-Festival in Wackersdorf als „Grundstein“ einer „spektakulären Freundschaft“. „Diese Verbindung zwischen Düsseldorf und Bayern besteht seit fast 40 Jahren“, heißt es weiter. Nun ja, nur dass halt der Hans Well nicht mehr dabei ist. Campino, Kopf der „Toten Hosen“, war das wohl bewusst. Aber es störte ihn offenbar nicht sehr.
Hans Well machte in den vergangenen Jahren mit seinen Kindern als „Wellbappn“ sein eigenes, durchaus großes und furioses Ding. Aber dieser Dauerstreit mit den Brüdern nagt halt doch an dem Zankenhausener – mehr an ihm, so scheint’s, als an Christoph und Michael, die irgendwie so tun, als wäre nichts. In einem 2013 erschienenen Buch hat Hans Well es so beschrieben: „Die Trennung von meinen Brüdern tat fast unerträglich weh.“ Es sei „der Verlust zweier Brüder, die mit zu den engsten Beziehungen in meinem Leben gehörten“. Es sieht momentan nicht so aus, als wäre da noch was zu kitten.
Da ist es vermutlich nur ein schwacher Trost, dass Hans Well nun für den Umweltmedienpreis der Umwelthilfe nachnominiert ist – sprich: ihn nachträglich auch erhalten wird. Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch soll höchst bestürzt gewesen sein, als er erfuhr, dass die Jury Hans Well vergessen hat. Ein Entschuldigungsanruf in Zankenhausen klärte die Dinge. Wenigstens das.