München – Beratungsgremien stehen dem Münchner Kardinal Reinhard Marx bei der Leitung seines Erzbistums reichlich zur Verfügung: der Bischofsrat, der Priesterrat, der Diözesanrat als oberste Vertretung der Laien und der Diözesan-Steuerausschuss. Bei Diskussionen über wichtige Zukunftsfragen geben die Gremien ihre Voten ab – und der Kardinal entscheidet.
Die großen strittigen Reformthemen wie die Weihe von Frauen, der Zölibat oder eine neue Sexualmoral können nicht in den Ortskirchen entschieden werden – sie sind Sache des Papstes. Doch es gibt Fragen, die vor Ort vorangetrieben werden können: die Taufe und die Trau-Assistenz durch Laientheologen etwa oder die Predigt von nicht geweihten Seelsorgern in der Eucharistiefeier. Bisher hat der Kardinal hierzu keine Entscheidung getroffen.
Damit hier etwas vorangeht, schlägt der Diözesanrat unter dem Arbeitstitel „Synodalkonferenz“ ein Gremium aus Vertretern der vier bestehenden Räte vor, in dem diskutiert und – das ist ein Novum im Erzbistum – demokratisch abgestimmt werden soll. Neu ist auch, dass der Kardinal selbst mit den Vertretern der „Synodalkonferenz“ über die Umsetzung der Beschlüsse des bundesweiten „Synodalen Wegs“ diskutieren wird.
Inwiefern sich Reinhard Marx an die Beschlüsse des neuen Gremiums binden will, blieb vage. Er sprach von einem Lernprozess, dass er als Erzbischof in die Entscheidungen über die großen Linien nicht mehr „ohne einen einmütigen Beschluss meines Diözesangremiums“ gehen werde. Umgekehrt will er Themen, die der Synodalkonferenz wichtig seien, nicht abtun. „Wir brauchen ein Instrumentum der Einmütigkeit“, umschrieb er seine Vorstellung von dem Gremium. „Synodalität ist etwas Eigenes, es geht nicht um Einstimmigkeit, sondern um Einmütigkeit und um das Miteinander, nicht das Gegeneinander wie zwischen einer Regierungspartei und einer Opposition“, erklärte der Kardinal. So könnte in diesem Kreis etwa beraten werden, wie das Erzbistum bei der Frage der Segnung von Paaren, die sich lieben, vorgehen soll. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich auch die Frage der Segnung von homosexuellen Paaren – was derzeit von Rom verboten ist. Hier sieht Kardinal Marx Gestaltungsmöglichkeiten. Seelsorger müssten Wege finden, wie sie dem Wunsch von Paaren nachkommen könnten. Allerdings machte Marx auch klar, dass er als früherer Vorsitzender der Bischofskonferenz nicht vorpreschen und ein offizielles Ritual erlassen werde. Synodalität gilt für ihn halt auch gegenüber den anderen Bischöfen.
„Ich bin froh, dass wir nicht dasitzen und warten, dass mit Blick auf die Synodalität in Deutschland und Rom etwas passiert, sondern dass wir gemeinsam unterwegs sind, nach Lösungen suchen, die für unser Erzbistum passend sind“, sagte der Diöze-sanratsvorsitzende Armin Schalk. Er sei verhalten optimistisch, dass sich auch die Kirche in Rom ändern werde. Kardinal Marx bat um Geduld: „Ich bin überzeugt, dass wir Schritt für Schritt in eine epochale Veränderung hineingehen.“
In Bewegung gerät jedenfalls im Erzbistum vieles: Zum 1. Januar 2024 werden aus bisher 40 Dekanaten 18 neue Dekanate gebildet. Personell wird es immer schwieriger: 2024 wird es nur eine Priesterweihe geben, 2025 voraussichtlich keine. Im Bereich der Jugendpastoral und in der Verwaltung könnten viele Stellen nicht besetzt werden, berichtete Generalvikar Christoph Klingan. Die Kirche befindet sich im Umbruch – viele Fragen sind noch offen. Auch die Bedeutung des neuen synodalen Beratungsgremiums muss sich erst noch erweisen.
Personalprobleme_
im Erzbistum: 2025 keine Priesterweihe