Langenbach/München – Als Walburga Loock im Herbst 1988 mit ihren Kindern einen Kürbis schnitzen will, muss sie lange suchen. „Nirgendwo gab es einen“, sagt die heute 65-Jährige, die gerne als „Kürbis-Königin“ bezeichnet wird. Walburga Loock hat aus ihrem Hof in Sickertshofen (Kreis Dachau) ein Kürbis-Paradies gemacht, als in Bayern noch kaum jemand was mit dem Gewächs anfangen konnte. Sie und ihre Mutter telefonierten sich damals durch den Landkreis, „im hintersten Eck hatte ein Bauer einen“, erinnert sie sich. Kürbisse waren Mangelware.
Heute gehört die gesunde Riesenbeere – ja, der Kürbis ist eine Beere – zum Herbst dazu wie bunte Blätter, Drachen, Kastanien. Vor allem für Kinder, die aus den dicken, orangen Hokkaido-Kürbissen lustige oder gruselige Masken schnitzen. Halloween naht! Doch es gibt ein Problem: Mancherorts gehen die Kürbisse aus.
Zum Beispiel in Asenkofen, Gemeinde Langenbach, Kreis Freising. Auf den Hof von Riccarda Sellmeier-Schwalb und ihrer Familie kommen jedes Jahr zahlreiche Schulklassen aus der Region, um Kürbisse zu schnitzen. 125 Sorten baut die Familie an. Dieses Jahr sei die Ernte außergewöhnlich schlecht gewesen, sagt die Landwirtin. „Eine Kürbisknappheit in dieser Größenordnung habe ich bisher noch nicht erlebt.“ Am vorigen Wochenende war noch eine große Schnitz-Aktion am Hof. Doch jetzt hat Sellmeier-Schwalb nur noch 20 Schnitzkürbisse. Den Schulklassen, die diese Woche zum Schnitzen kommen wollten, musste sie absagen. Sie sieht die Ursachen in der schlagartigen Trockenheit im Frühling. Dadurch sei die Keimung nicht optimal verlaufen.
Katrin Kell, Gemüse-Expertin der Weihenstephaner Gärten, hat ebenfalls festgestellt, dass 2023 kein gutes Kürbis-Jahr war. Zu extrem seien die Wetterereignisse gewesen. Erst die lange Trockenheit, dann zu viel Regen auf einmal. Kell hat zwar nicht besonders viele Kürbis-Pflanzen auf ihrem Gelände, sie kann sich aber durchaus vorstellen, dass die Probleme in der Fläche zu einer Kürbis-Knappheit führen.
Auch Walburga Loock, die seit 1990 in großem Stil Kürbisse anbaut und früher sogar Sternelokale wie das Tantris in München beliefert hat, hat schon deutlich bessere Kürbis-Jahre erlebt. Allerdings bewertet sie die diesjährige Ernte nicht ganz so schlecht: „Wir sind ganz zufrieden.“ Kurz vor dem Telefonat mit unserer Zeitung hat sie die Exemplare mit Macken aussortiert: „Ich habe noch 200, 300 Schnitzkürbisse.“ Und sehr viele seien beim dreitägigen Hoffest geschnitzt oder verkauft worden.
Einen guten Überblick über die bayerische Kürbis-ernte hat Claudio Gläßer, Marktexperte bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn. Er sagt, dass die Kürbisernte regional sehr unterschiedlich ausfällt. Doch auch er hat schon gehört, dass die Erntebilanz bei den Schnitzkürbissen eher mau ist. Es gibt nicht die eine Ursache – eher die Kombination aus verschiedenen Faktoren. In den langen Trockenzeiten wuchsen die Kürbisse langsam. Dann die vermehrten Niederschläge im August. „Dann entsteht Fäulnis und die Kürbisse halten nicht so lange“, sagt Gläßer.
Bayern ist nach Angaben von Gläßer das größte Kürbis-Anbaugebiet in Deutschland, dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Im Freistaat wurden laut AMI 2022 auf 1000 Hektar Speisekürbisse angebaut, im Vergleich zu 2020 ist die Fläche ein wenig rückläufig. 344 Betriebe erfasst die Statistik – es dürften aber noch einige mehr sein, die Kürbisse neben ihrem Hauptgeschäft vermarkten. Falls sie nach der mittelmäßigen Ernte noch welche übrig haben.