Ein Schutzengel für den Huberbuam

von Redaktion

VON CARINA ZIMNIOK

Marktschellenberg – Thomas Huber, einer von den zwei Huberbuam, steht am Tag nach seinem Absturz daheim in Berchtesgaden auf zwei Beinen. Am linken Knöchel hat er einen Bluterguss und er sagt am Telefon: „Manchmal braucht man einfach einen Schutzengel.“ Und dann sagt er noch: „Manchmal passt zwischen einen Bluterguss und ein absolutes Desaster nur ein dünnes Blatt.“ Soll heißen: Thomas Huber ist gerade so mit dem Leben davon gekommen.

Was war passiert? Am Montagnachmittag wartet Thomas Huber extra ab, bis die Sonne nicht mehr in die Südwand des Untersbergs scheint. Damit es nicht so warm ist und er einen guten Halt mit den Fingern hat. Schon seit einiger Zeit arbeitet er hier an seiner neuen Route, sie ist im obersten Schwierigkeitsbereich – und ihm sehr wichtig. Viel fehlt nicht mehr, dann wird er die Schlüsselstelle überwinden.

Gegen halb vier ist Huber mit seinem Seilpartner am Wandfuß, wo die Tour beginnt. Dort ist das Gelände schon spektakulär, normale Wanderer haben hier nichts mehr verloren. Huber und sein Partner legen die Gurte an, sie wärmen sich auf. Huber will ein Seil holen, er hat es dort in einer Nische deponiert. Er hält sich an einem massiven Felsbrocken fest, an dem er sich schon zigmal festgehalten hat. Zigmal war der Fels bombenfest. Diesmal bricht er. „Es ist einfach blöd gelaufen“, sagt Huber später.

Mit dabei ist Stefan Wiebel, ein Fotograf und Freund von Huber. Wiebel begleitet ihn immer mal wieder und macht Aufnahmen. Am Montagnachmittag ist er ein Stück weg von Huber, 20 oder 30 Meter. „Ich habe den Bruch gehört“, sagt Wiebel. Und einen kurzen Schrei. Schnell sieht der Fotograf, dass kein Blut fließt. Und dass Thomas Huber nicht gestürzt ist. „Ein Riesenglück.“ Doch schnell steht auch fest, dass der Extremkletterer den mindestens eineinhalbstündigen Rückweg, den exponierten Mittagslochsteig, nicht schafft. Offenbar hat ihn der Felsbrocken touchiert. Die Truppe alarmiert die Rettungskräfte. Eine andere Seilschaft, die zufällig vorbeikommt, hilft Huber zu einer Stelle, an der ihn die Einsatzkräfte des Helikopters Christoph 14 bergen können. Denn die Wand ist sehr steil, der Pilot muss schauen, dass die Rotorblätter nicht gegen den Fels stoßen. „Zum Glück war das Wetter gut, so war es ein einfacher Flug“, sagt Markus Leitner vom Bayerischen Roten Kreuz im Berchtesgadener Land. Die Bergretter fliegen Huber ins Krankenhaus nach Traunstein. Seine Begleiter steigen ab bis zu ihren Mountainbikes. Hubers Rad nimmt ein Wanderer mit ins Tal, den die Freunde des Verletzten zufällig treffen. Thomas Huber erfährt zu der Zeit schon, dass die Verletzungen nicht schlimm sind.

Thomas Huber hat schon einige schwere Kletterunfälle erlebt. Einer der schwersten ereignete sich am Brendlberg bei Berchtesgaden. An einer Felswand stürzte er 12 Meter im freien Fall. Einen Monat nach dem Unglück ging er wieder auf Expedition. So lange wird es diesmal nicht dauern. In wenigen Tagen will Huber wieder auf den Berg.

Artikel 10 von 11