„Die Politiker sind alle Verbrecher!“ Brüllendes Gelächter auf den Plätzen eines berühmten Berliner Kabaretts. Der nächste Gag lässt nicht lange auf sich warten. Man macht sich lustig über einen ehemaligen Minister, der auf den Rollstuhl angewiesen ist. Dann geht es noch gegen eine Spitzenpolitikerin, deren Mimik und Gestik zum Gegenstand einiger Verrenkungen auf der Bühne werden. Uns, meinem Mann und mir, ist nicht klar, was daran witzig sein soll – aber der Applaus ist gigantisch.
Das war vor ein paar Jahren. Es gehört schon lange zum „guten“ Ton, an Stammtischen, in medialen Meinungsschmieden, Feuilletons und eben auch Kabaretts und Satiresendungen über Politiker und Politikerinnen zu lästern. In den Sozialen Medien wird inzwischen täglich – meist anonym – mit Unmengen an Dreck geworfen. „Der“ Politiker rangiert in Umfragen auf den letzten Plätzen gesellschaftlicher Wertschätzung. Auch dieses Jahr wieder. Menschen, die hohe Verantwortung übernehmen, sind schnell abgekanzelt. Das ist brandgefährlich. Demokratie kann man durch Gemeinheiten beschädigen. Sie machen unser Land lächerlich und spielen denen in die Hände, die eine andere Staatsform wollen.
Was genauso schlimm ist: Frauen und Männer, die sich mit aller Kraft für unsere Gesellschaft und den Rechtsstaat engagieren, werden persönlich angegriffen und verletzt. Seelisch und körperlich. Manche schmeißen den Bettel hin und übernehmen neue wichtige Aufgaben. Andere bleiben dabei und zahlen oft einen hohen Preis. Die Familien sind von der Arbeitsbelastung im politischen Geschäft mitbetroffen – von der andauernden Kritik und den vielfältigen Bedrohungsszenarien, die auch sie treffen. Attacken in der Schule, beim Einkaufen, fürchterliche Drohschreiben. Würden wir uns so ein Leben für uns und unsere Partner und Kinder wünschen? Sagen Sie bitte nicht „Nein, aber…“.
Es gibt keinen Grund, andere Menschen und ihre Angehörigen zu beschimpfen, zu bedrohen und ihnen das Existenzrecht abzusprechen. Nicht jeder Politiker ist ein Ehrenmann, nicht jede Politikerin glanzvolles Vorbild. Intelligente und konstruktive Kritik an der Politik, Satire, für die es durchaus Stoff gibt, die braucht es unbedingt. Aber die pauschale Verunglimpfung demokratischer Institutionen und Personen, die braucht es nicht.
Am Montag ist die konstituierende Sitzung des Bayerischen Landtags. Ich wünsche denen, die dort arbeiten, viel Kraft und Schutz. Und den Segen, der nötig ist, um geistreich zum Wohl aller in unserer Demokratie zu wirken.