Strenge Regeln für Senioren

von Redaktion

EU plant Veränderung beim Führerschein – Kritik von Wissing

München – In Deutschland hat die Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnis kein Verfallsdatum. Einmal bestanden, gilt sie ein Leben lang. Das soll sich ändern. Die EU plant, Fahrtauglichkeits-Checks für alle ab 70 Jahren und will damit die Zahl der Verkehrstoten senken. In manchen EU-Ländern ist dieses Vorgehen bereits gängige Praxis.

Gegen die Pläne der EU formiert sich Widerstand. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat am Wochenende die Pläne, die Regeln zu verschärfen, abgelehnt: „Ich will keine verpflichtenden Tauglichkeitsprüfungen für Autofahrer über 70, und ich bin zuversichtlich, dass sich dafür in der EU auch keine Mehrheit finden wird.“

Es sind Unfälle wie der im vergangenen Sommer in Bernau am Chiemsee, die die Öffentlichkeit immer wieder aufschrecken lassen: Damals wollte ein 78-Jähriger den Friedhof besuchen. Als er dazu mit seinem BMW den Kirchplatz befuhr, verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug und stürzte mit seinem Wagen drei Meter in die Tiefe. Der Mann konnte sich nicht mehr selbst befreien.

Wissing wehrt sich nun dagegen, dass der Einzelne immer mehr zum Objekt gemacht wird, sich Zwangsuntersuchungen unterziehen und nach Vorschriftenkatalog seinen Alltag gestalten muss. „Ich traue den Senioren schon zu, dass sie sich ohne staatliche Vorgaben und bürokratische Kontrolle mit ihrer Gesundheit auseinandersetzen.“

Die Unfallstatistik verzeichne in der Altersgruppe über 70 keine signifikanten Zahlen bei schweren Unfällen, betonte Wissing. Viele ältere Menschen lebten auf dem Land. Für sie sei ein selbstbestimmtes Leben ohne Führerschein nur schwer möglich. Senioren würden in aller Regel auch nicht hunderte Kilometer über die Autobahn fahren. Viele nutzten das Auto, um den Supermarkt oder den Arzt im Nachbarort zu besuchen, betonte der Minister. „Prüfungen auf Fahrtauglichkeit enthalten aber Aufgaben wie eine Fahrt von Berlin nach Hamburg.“

Daher hält Wissing die von der EU-Kommission geplante Tauglichkeitsprüfung nicht für verhältnismäßig. Der Entwurf einer neuen europäischen Verkehrsrichtlinie sieht vor, dass Autofahrer ab einem Alter von 70 Jahren alle fünf Jahre den Führerschein auffrischen müssen. Dabei soll auch ihr Gesundheitszustand durch eine verpflichtende ärztliche Untersuchung oder durch eine Selbsteinschätzung abgefragt werden – die EU-Mitgliedsstaaten sollen selbst entscheiden können, welche der beiden Varianten bei ihnen gelten soll.

Wissing wandte sich auch gegen Forderungen, die Promillegrenze in Deutschland weiter zu senken. Tödliche Unfälle passierten zumeist nicht im niedrigen Promillebereich. Für Fahranfänger zwischen 17 und 21 Jahren gebe es bereits ein komplettes Alkoholverbot, und für alle anderen gelten 0,5 Promille. „Ich sehe keine Notwendigkeit, daran etwas zu ändern.“ Es gebe das klare Gebot, beim Autofahren auf Alkohol zu verzichten. „Die Frage ist, ab welcher Grenze der Staat das nicht mehr in die Verantwortung seiner Bürger legen kann, sondern mit Strafmaßnahmen eingreifen muss“, sagte der Verkehrsminister. „Ohne Eigenverantwortung funktioniert eine Gesellschaft nicht.“  dpa

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