„Ich muss eigentlich erst mal ins Bett“ – Erik Großmann (39), Arbeitsschuhe, Cargohose, Mütze mit GewerkschaftsLogo, ist Lokführer bei DB Cargo. Der Münchner ist seit dem Jahr 2000 bei der Bahn, hat den „Eisenbahner im Betriebsdienst“ von der Pike auf gelernt. Er fuhr zwischendurch vier Jahre S-Bahn, wechselte aber zurück zu DB Cargo. Er kommt gerade vom Brenner, fuhr einen Güterzug bis zum Güterbahnhof Berg am Laim, wo er dann von einem Kollegen übernommen wurde. Um 22 Uhr hat Großmann schon wieder einen Termin: Streikposten für die Gewerkschaft der Lokomotivführer – der Arbeitskampf hat begonnen. Ein Gespräch über das Lokführer-Leben und die Streikgründe.
Herr Großmann, Sie kommen gerade vom Brenner. Wann begann denn Ihre Schicht?
Am Mittwoch um 0.29 Uhr war die Abfahrt meines Zuges in Berg am Laim. Etwa um 6 Uhr morgens war ich am Brenner. Dann zwei Stunden Pause. Um 8.30 Uhr übernahm ich einen Güterzug zurück vom Brenner bis Berg am Laim. Ich kam um 11.45 Uhr an.
Jetzt haben Sie aber frei?
Ja. Ich werde am Freitag wieder fahren. Samstag habe ich frei, zum Glück, denn da hat mein Sohn Geburtstag und wir wollen feiern. Sonntag muss ich wieder arbeiten.
Dass eine 12-Stunden-Schicht nicht familienfreundlich ist, versteht man. Aber die GDL fordert eine 35-Stunden-Woche und stellt gleichzeitig hohe Lohnforderungen. Ist das nicht maßlos?
Das empfinde ich nicht so. Die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche muss man differenziert sehen. Im Kern geht es darum, die Ruhezeit in der Woche von 36 auf 48 Stunden auszudehnen – das ergibt dann eine 5-Tage-Woche. Heute arbeiten viele Lokführer bis zu sechs Tage die Woche. Die 35-Stunden-Woche ist auch wichtig, um den Beruf attraktiver zu machen. Nachwuchskräfte zu finden, ist sehr schwer. Und noch etwas geht meist unter.
Nämlich?
Die 35-Stunden-Woche fordern wir für bestimmte Berufsgruppen, aber nicht für reine Büroarbeiter, etwa Schichtplaner. Ein Lokführer kann auch kein Homeoffice machen. Das sind wichtige Unterschiede, die in der Öffentlichkeit untergehen.
Wird sich der Tarifkonflikt lange hinziehen?
Das hängt davon ab, wie die Deutsche Bahn agiert. Verhandlungsführer Martin Seiler ist ein Meister darin, die Sache in die Länge zu ziehen. Den Leuten brennt’s aber im Geldbeutel.
Da sind wir schon beim Thema. Wie viel verdient ein Lokführer?
Das Einstiegsgehalt liegt bei etwas über 3100 Euro brutto, die Endstufe bei knapp 3700 Euro. Hinzu kommen Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertage. Ich habe einen Auslandsführerschein, darf zum Beispiel in Österreich fahren – dafür ist man eine Entgeltgruppe höher. Wir fordern die Erhöhung um einen Sockelbetrag von 555 Euro. Dann würde das Grundgehalt bei rund 3700 Euro liegen. Die hohen Kostensteigerungen – Energie, Lebensmittel – treffen doch alle gleich. Daher haben wir keine prozentualen Erhöhungen gefordert, sondern einen Sockelbetrag.
Warum wollen Sie auch an Weihnachten streiken – muss das sein?
Da liegt ein Missverständnis vor. Die Deutsche Bahn hatte einen Weihnachtsfrieden gefordert, der am 6. Dezember beginnen und bis Januar andauern sollte. Darauf wollten wir uns nicht einlassen. Das wurde nun umgemünzt in die Schlagzeile, die GDL wolle einen Streik an Weihnachten – das ist schlichtweg falsch.
An Heiligabend und am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag wird streikfrei sein?
So zumindest haben wir das durchblicken lassen.
Das Gespräch führte Dirk Walter