München – Die Umsetzung der von CSU und Freien Wählern angekündigten „Verfassungsviertelstunde“ an Bayerns Schulen wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. „Das Konzept soll im Verlauf des Schuljahres 2023/2024 erarbeitet werden“, teilte ein Sprecher des Kultusministeriums mit. Aus der Koalition ist sogar zu hören, eine Erprobung werde ab dem Schuljahr 2024/2025 angestrebt. Eines stellte das Haus von Anna Stolz (Freie Wähler) aber bereits klar: Eine Verkürzung des übrigen Unterrichts werde es nicht geben. Die konkrete Ausgestaltung erfolge gemeinsam mit den Vertretern von Schulen und Verbänden. Der Vorsitzende des Realschullehrerverbands, Ulrich Babl, begrüßte das. „Derart weitreichende Eingriffe in das Unterrichtsgeschehen erfordern eine kluge Planung.“ Man dürfe nichts überstürzen, um „Stundenplanchaos“ zu vermeiden.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Regierungsparteien darauf verständigt, im Schulunterricht den Fokus auf die Verfassungswerte zu richten. Sie reagierten damit auf den wachsenden Druck für die Demokratie durch Populisten und Extremisten. „Hierzu führen wir eine ,Verfassungsviertelstunde‘ als wöchentliches Format ein, in der anhand von praktischen Beispielen über die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz sowie die dort verankerten Grundsätze diskutiert wird“, heißt es im Koalitionsvertrag.
„Ich beobachte mit großer Sorge die Zunahme von antisemitischem und extremistischem Gedankengut in Teilen unserer Gesellschaft“, erklärte Kultusministerin Stolz. Die Schulen im Freistaat seien zwar selten Schauplätze dieser Konflikte, doch „Schule ist der Ort, an dem wir sehr viele Menschen erreichen“. Die Verfassungsviertelstunde sei eine sinnvolle Ergänzung und eine große Chance. Sie wünsche sich ein „lebendiges, offenes Konzept mit vielen aktuellen Bezügen und Gestaltungschancen“.
Im Ministerium heißt es, zur Einführung bedürfe es „voraussichtlich“ keiner Gesetzesänderung. Demnach dürfte am Ende ein Erlass des Ministeriums genügen. Befürchtungen, dass die „Verfassungsviertelstunde“ im Alltag etwa wegen Lehrermangels häufig ausfallen werde, teilt das Ministerium nicht. Die Umsetzung solle „nicht an einige wenige „Spezialisten“ delegiert werden“.
Werte wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde, Menschenrechte oder die Glaubens- und Gewissensfreiheit oder der Schutz von Minderheiten könnten etwa in den Fächern Religion, Deutsch, den Fremdsprachen oder auch in Geschichte, Geografie, Wirtschaft und Recht sowie Politik aufgegriffen werden. mm/dpa