München – Judith Gerlach (38, CSU) ist seit zwei Wochen Bayerns neue Gesundheitsministerin. Heute steht für die ehemalige Chefin des Digitalressorts die erste Bewährungsprobe an. Die Länder kommen mit Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) zusammen. Es geht vor allem um die geplante Krankenhausreform – ein echtes Streitthema.
Frau Gerlach, haben Sie sich schon eingearbeitet?
Der Start ist superintensiv. Wenn man neu in dieses Ministerium kommt, kann man nicht direkt die ganze Bandbreite bespielen, sondern muss sich erst mal auf die drängendsten Themen fokussieren – im Moment ist das vor allem die anstehende Krankenhausreform. Es gibt hier viele fachlich sehr versierte Mitarbeiter. Ich führe aber auch unglaublich viele Kennenlern-Gespräche mit Verbänden und Akteuren im Gesundheitswesen – mehrmals täglich.
Am Donnerstag treffen Sie in der Bund-Länder-Runde zur Krankenhausreform auf Bundesminister Karl Lauterbach (SPD). Haben Sie ihn vorher schon mal getroffen?
Nein. Ich habe aber am vergangenen Freitag mit ihm telefoniert. Er hat als Mediziner natürlich eine sehr große Fachkenntnis. Das respektiere ich, und freue mich auf das persönliche Treffen. Es gibt aber – gerade bei der Krankenhausreform – Punkte, in denen wir als Land nicht mitgehen können. Das habe ich ihm am Telefon gesagt, und das werde ich auch am Donnerstag klar benennen.
Haben Sie Sorge, dass er Sie auf fachlicher Ebene nach zwei Wochen im Amt noch nicht ganz für voll nehmen konnte?
Überhaupt nicht. Es war ein konstruktiver Austausch und er hat meine Fragen, die ich an ihn hatte, sehr offen beantwortet.
Ihr Vorgänger hat im Umgang mit Lauterbach keine Konfrontation gescheut. Was ist Ihr Plan?
Klaus Holetschek wird in der Gesundheits-Szene für seine offene Art geschätzt. Er hat mit seiner geradlinigen Kommunikation aber immer nach einem Konsens gesucht – sicher auch im Umgang mit Lauterbach. Das wird sich mit mir nicht ändern. Es geht nicht um Konfrontation, sondern darum, die Dinge klar zu benennen.
Holetschek hat mit einer Klage in Karlsruhe gedroht, sollte Lauterbach die Klinikreform gegen Bayern durchdrücken. Bleibt diese Option auf dem Tisch?
Klagen ist immer noch eine Option. Das entscheiden wir, wenn der endgültige Gesetzentwurf vorliegt und wir dessen Verfassungsmäßigkeit beurteilen können.
Am Donnerstag wird nach deutlicher Kritik aus den Ländern ein neuer Arbeitsentwurf diskutiert. Ist Lauterbach Ihnen entgegengekommen?
Zentrale Forderungen der Länder wurden wieder ignoriert. Ich habe den Eindruck, dass Lauterbach beharrlich bei seiner Linie bleibt, egal was die Länder dazu sagen. Das kann ich so nicht stehen lassen, weil sich die Krankenhausreform bei uns vor allem in der Fläche auswirkt. Wir brauchen in Bayern weiter eine hochwertige stationäre Versorgung – auch auf dem Land. Zudem muss die Planungshoheit für die Krankenhauslandschaft bei den Ländern bleiben. Wir haben die Regionen besser im Blick als der Bundesminister in Berlin.
Das ist mit den bisherigen Plänen nicht gesichert?
Nein – ich sehe hier noch große Probleme und fordere deshalb Änderungen. Da hilft auch ein marginales Entgegenkommen an weniger zentralen Stellen nichts. Was immer noch völlig fehlt, ist eine solide Folgenanalyse, wie sich die einzelnen Vorhaben konkret auf die Versorgung auswirken. Lauterbach plant eine Reform im Blindflug.
Viele Krankenhäuser stehen zudem vor bedrohlichen Finanzproblemen. Bayern fordert vom Bund Finanzhilfen um die durch die Inflation gestiegenen Kosten abzumildern. Doch nach dem Haushaltsurteil, das den finanziellen Spielraum der Ampel-Koalition massiv einschränkt, sind die Chancen gering, oder?
Ich kann die Forderung nach Finanzhilfen nicht von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abhängig machen. Das ist kein Wunschkonzert, sondern es gibt berechtigte laute Hilferufe von Krankenhäusern in ganz Deutschland. Es wäre eine Katastrophe, wenn zahlreiche Kliniken in den nächsten Monaten und Jahren Insolvenz anmelden müssen, bevor eine Reform überhaupt wirken kann. Deshalb kämpfen Bayern und andere Länder weiter für ein Nothilfeprogramm des Bundes.
Interview: Sebastian Horsch