München – Rund 280 Einsatzkräfte haben am Donnerstagmorgen 20 Wohnungen in acht Bundesländern im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen mutmaßliche Mitglieder der „Reichsbürger“-Szene in Deutschland durchsucht. Den 20 Beschuldigten im Alter zwischen 25 und 74 Jahren wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU) mitteilten. Der mutmaßliche Rädelsführer, der von Olching (Kreis Fürstenfeldbruck) aus einen Telegram-Kanal der Gruppe betrieben haben soll, war bereits Ende 2021 festgenommen worden. Weitere Festnahmen gab es gestern nicht.
Bei den Razzien waren Beamte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Niedersachsen und Hamburg im Einsatz. Ein Schwerpunkt war Baden-Württemberg mit zehn Durchsuchungen. In Bayern wurden Objekte in Kempten und Rosenheim durchkämmt. Laut Herrmann wurden eine Schreckschusswaffe, Reizstoffgeräte, Smartphones und Datenträger sichergestellt.
„Die Reichsbürgergruppierung hat im großen Stil bundesweit staatliche Einrichtungen beleidigt und teilweise massiv bedroht, hauptsächlich über Social Media“, sagte Herrmann. Zu konkreten Übergriffen sei es aber bislang nicht gekommen. Die federführende Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, die Gruppe habe durch die gezielte, massenhafte Kontaktaufnahme mit Behörden deren Kommunikationswege blockieren und damit Einfluss auf deren Entscheidungen nehmen wollen. Übergeordnetes Ziel sei es gewesen, die Bundesrepublik Deutschland und ihre Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln zu verhindern oder zumindest zu erschweren. „Die Gesprächspartner wurden beispielsweise mit Reichsbürgerthesen konfrontiert, der Begehung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen bezichtigt, beleidigt und teilweise mit dem Tode bedroht.“
Der mutmaßliche Rädelsführer der neuen „Reichsbürger“-Gruppe kommt aus Olching. Der 58-jährige Mann wurde laut Generalstaatsanwaltschaft München bereits im November 2021 festgenommen. Im April 2022 wurde der Mann unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Nötigung vor dem Landgericht München I angeklagt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.