München – Volkov ist aus Mariupol – eine der Städte, die von der russischen Armee besonders schwer zerstört worden sind. Was Volkov erlebt und gesehen hat, weiß Pater Roman Syrotych nicht. Er ist Direktor der Caritas in Kiew. Vor ein paar Tagen ist er nach München gereist, um den Caritas-Mitarbeitern hier von der Arbeit im Kriegsgebiet zu berichten. Es war eine lange beschwerliche Reise – im Gepäck hatte der Pater ein kleines Püppchen, das Volkov gebastelt hatte. Auf dem Zettel, der mit im Umschlag steckt, steht Volkovs Name und seine Heimatstadt. Pater Roman hat viele dieser kleinen Umschläge verteilt. Es sind gelb-blaue Grüße von ukrainischen Mädchen und Jungen, die ihre Kindheit von einem Tag auf den anderen verloren haben. „Die Kinder wollen etwas tun, sie wollen mithelfen.“ Deshalb basteln sie die Püppchen oder Armbänder. Der Erlös kommt der ukrainischen Armee oder humanitären Projekten zugute.
Es gibt eine Frage, die Pater Roman und seine Kollegen von der Caritas von Kindern immer wieder gestellt bekommen: Wann ist der Krieg endlich zu Ende? „Niemand von uns hat eine Antwort darauf“, sagt er. Der Krieg habe in der Ukraine bereits 2014 begonnen. „Aber seit Februar 2022 gibt es im ganzen Land keinen sicheren Ort mehr.“ Der Pater ist mit zwei Caritas-Mitarbeiterinnen nach München gereist – um zu berichten, wie sehr die Menschen in der Ukraine und vor allem die Kinder leiden. In den ersten Tagen nach dem Krieg haben drei der vier Millionen Einwohner Kiews die Stadt verlassen. Mittlerweile sind 400 000 Ukrainer aus anderen Teilen des Landes dorthin geflüchtet, 65 000 von ihnen sind Kinder – und die meisten von ihnen sind schwer traumatisiert. Einige haben gesehen, wie ihre Eltern erschossen wurden oder bei Explosionen ums Leben kamen, viele minderjährige Mädchen sind von russischen Soldaten vergewaltigt worden. „Sehr viele Kinder haben sich das Leben genommen, weil sie so Furchtbares erlebt haben“, sagt Pater Roman. Mit einem gemeinsamen Projekt will die Caritas in Kiew und München den traumatisierten Kindern und ihren Eltern helfen. Es heißt „Tut i Tam“ – übersetzt hier und dort. Für die Kinder in der Region Kiew, aber auch die nach München geflüchteten Kinder werden Spiel- und Sprachangebote organisiert, die ihnen helfen sollen, traumatische Kriegserlebnisse zu verarbeiten. Laut Pater Roman Syrotych handelt es sich um hunderttausende Kinder, die diese Hilfe dringend brauchen.
In Kiew hat die Caritas für sie kinderfreundliche Räume geschaffen. Dort gibt es für sie Musiktherapien, Mal- und Bastelangebote – ein bisschen normale Kindheit und das Gefühl, dass das Leben weitergeht. Die Caritas sammelt für dieses Kooperationsprojekt Spenden (IBAN DE96 7002 0500 8850 0004 90, Verwendungszweck „Tut i Tam“). Ziel ist es, mobile Teams für die Kinder in der ganzen Region aufzubauen. Die Projekte in München und Kiew sollen noch enger miteinander verknüpft werden, zum Beispiel durch gemeinsame Projekte. Unterstützung aus München gibt es auch bei der Qualifizierung von Fachkräften für die Trauma-Arbeit mit Kindern. Die Arbeit in den beiden Partnerstädten soll noch enger verzahnt werden. Und die Kinder sollen voneinander wissen. Auch deshalb hat Pater Roman Syrotych so viele selbst gebastelte Püppchen und Armbänder mitgebracht. Stille Grüße der Kinder aus dem Kriegsgebiet.