Rottach-Egern – Christian Stadler ist seit 30 Jahren Fahrlehrer in Rottach-Egern am Tegernsee. Viele junge Menschen haben von ihm gelernt, Autos sicher durch den Straßenverkehr zu lenken. Der Preis dafür hat sich aber verändert – in den vergangenen Jahren sogar sehr. Und das gilt für fast alle Fahrschulen in Deutschland.
Ein Fünftel aller Fahrschüler zahlte laut ADAC in diesem Jahr zwischen 3500 und 4500 Euro für den Führerschein. Jeder zweite musste mit 2500 bis 3500 Euro kalkulieren. Nur etwa ein Fünftel schaffte die Prüfung mit einer Rechnung unter 2500 Euro. Vor drei bis vier Jahren blieb noch die Hälfte der Fahrschüler unter der 2500-Euro-Grenze.
Es gibt mehrere Erklärungen für diese Preissteigerungen, sagt Fahrlehrer Stadler. Im Kreis Miesbach ist er auch Vorsitzender des Fahrlehrer-Verbandes und deshalb in Kontakt mit vielen Kollegen. Alle berichten ihm dasselbe: Die Kosten explodieren – nicht nur für Fahrschüler, auch für die Fahrschulen. Die Miete für die Räume habe sich erhöht, die Spritkosten, die Anschaffungskosten für Fahrschulautos – und durch den Fachkräftemangel auch die Personalkosten. „Die Lohnkosten sind in den vergangenen 20 Jahren um hundert Prozent gestiegen“, berichtet Stadler. Früher gab es viele nebenberufliche Fahrlehrer. Oder Pensionäre, die sich noch etwas dazuverdienen wollten. Mittlerweile gibt es viele junge Fahrlehrer, die viel Geld in die Ausbildung gesteckt haben. Die dauert ein Jahr und kostet rund 50 000 Euro, wenn man den Verdienstausfall in dieser Zeit einberechne, sagt Stadler. „Das müssen die Fahrlehrer wieder reinarbeiten können.“
Hinzu komme, dass der Straßenverkehr immer komplexer wird, betont der 54-Jährige. Es sind mehr Verkehrsteilnehmer als früher auf den Straßen unterwegs. Nicht mehr nur Autos, auch immer schnellere Fahrradfahrer oder E-Roller. „Viele Fahrschüler brauchen mehr Fahrstunden, um auf das selbe Level zu kommen wie früher.“ Die Auswertung des ADAC bestätigt das. Knapp 60 Prozent brauchen mehr als sechs Monate, bis sie den Führerschein in der Tasche haben. Zusätzlich zu den vorgeschriebenen zwölf Sonderfahrten benötigten 42 Prozent noch bis zu 20 Fahrstunden zusätzlich, bei gut einem Drittel waren es bis zu 30 Stunden, und immerhin elf Prozent brauchten bis zu 40 Stunden mehr.
Christian Stadler und seine Kollegen haben außerdem beobachtet, dass viele Fahranfänger mit weniger Wissen in die Fahrschulen kommen. „Früher hatte jeder eine Fahrradausbildung, heute gibt es junge Menschen, die noch nie in ihrem Leben auf einem Fahrrad gesessen sind“, berichtet er. Dementsprechend wenig kennen sie sich mit Verkehrsregeln aus. Und auch das selbstständige Lernen für die Theorieprüfung war nach Stadlers Erfahrung früher ausgeprägter. „Die Fahrschüler haben früher mehr auf uns Fahrlehrer gehört, wenn wir ihnen geraten haben, vor der Prüfung noch intensiver zu lernen.“ Auch in der Praxis hätten die Fahrschüler heute mehr zu kämpfen. Die Prüfung geht 55 Minuten, früher war sie knapp 20 Minuten kürzer.
All das führt dazu, dass junge Menschen für ihren Führerschein heute mehr bezahlen müssen. „In den 2000er-Jahren sind viele neue Fahrschulen entstanden. Wegen des Konkurrenzdrucks hat sich damals niemand getraut, Preise anzupassen“, sagt Stadler. Inzwischen ist die Situation anders. Auch in den Fahrschulen macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar. Die Schulen müssten neu kalkulieren – und weil die Preise das erste Mal seit langer Zeit angepasst wurden, falle die Erhöhung nun besonders auf, sagt Stadler. „Die Preise orientieren sich aber an der allgemeinen Preisentwicklung.“ Neulich hat er das genau nachgerechnet. Seine Fahrschule gibt es seit 1963. Damals kostete ein Führerschein drei bis vier Monatsgehälter. „Und das ist 2023 noch genauso.“