Das Gotteslob im Wandel

von Redaktion

Neues Gebetbuch wird 10 Jahre: Kirche ist stolz auf Mischung

Bamberg – Das wohl bekannteste Lied findet sich auf Seite 340, Nummer 249. Der Weihnachtsklassiker „Stille Nacht, Heilige Nacht“ ist natürlich drin geblieben im neuen Gesang- und Gebetbuch Gotteslob, das die katholische Kirche in Deutschland und Österreich vor genau zehn Jahren eingeführt hat. Am ersten Adventssonntag 2013 zogen in die Gottesdienste modernere Töne ein. Zumindest einige. Denn klassisches Kirchenliedgut ist immer noch stark vertreten auf den mehr als 1000 Seiten. Thomas von Aquins (1225–1274) lateinischer Hymnus „Pange lingua“ etwa oder „Lobet den Herrn“, mit dem noch viele Gottesdienste beginnen.

Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre lasse sich sagen, dass eine „wirklich gute Mischung gelungen ist“, sagt der Vorsitzende der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann. „Nicht wenige Lieder und Gesänge im Gotteslob verbinden uns mit einer jahrhundertealten Tradition, und häufig sind sie in unserem Kulturschatz fest verankert. Darauf lässt sich nicht gut verzichten.“

Die Gesamtauflage des Gotteslobs liegt bei rund sieben Millionen. Damit hat bei weitem nicht jeder Katholik ein Exemplar zu Hause, noch gehören knapp 21 Millionen Deutsche der katholischen Kirche an. „Sicher wird man längst nicht in jedem katholischen Haushalt ein Gotteslob finden, aber das Interesse war und ist ausgesprochen groß“, sagt Ackermann. Und ein Gotteslob zur Erstkommunion zu schenken, sei nach wie vor guter Brauch.“

Das Buch, das neben Gesängen auch Gebete und Informationen zu den Sakramenten enthält, werde gut angenommen. „Angesichts so massiver Veränderungen und Umbrüche, wie wir sie als Kirche und in der Gesellschaft gerade erleben, ist das keine Selbstverständlichkeit.“ Maximilian Pöllner, Sprecher des Bundesverbandes katholischer Kirchenmusiker Deutschlands, findet: „Jedem Geschmack gerecht zu werden ist natürlich unmöglich, doch die Kompromisse sind meines Erachtens recht gut gelungen.“

Traditionelle Kirchenlieder wurden ergänzt durch Lieder, die der Bewegung „Neues Geistliches Lied“ entsprungen sind, also deutlich moderner klingen als Gesänge aus früheren Jahrhunderten. Die Kirchenmusik entwickelt sich nach Experten-Ansicht dennoch schnell weiter. „Das Gotteslob bildet nicht ab, was sich gerade tut. Es ist die Kanonisierung der etablierten Kirchenmusik“, sagt Tobias Lübbers, Leiter der „Werkstatt Neues Geistliches Lied“ im Erzbistum Bamberg. Dass sich im Gotteslob nun auch Lieder der christlichen Popularmusik finden, zeige, dass die Publikation stilistisch offen war.

Inzwischen werden Gotteslob-Lieder mit dem Label „neu“ häufig bei Gottesdiensten zur goldenen Hochzeit gewünscht. „Das hat Glaubensbiografien geprägt“ – und klinge heute aber für das junge Publikum vielleicht bieder und altbacken. Religiöse Prägung funktioniere jedoch sehr stark auch über Musik, sagt Lübbers. „Musik klingt fort, sie kann sehr tief wirken.“ Christliche Popularmusik habe stets aktuelle Trends aufgegriffen. „Die Musik entwickelt sich weiter, das ist auch gut so.“ Ziel müsse es sein, anschlussfähig zu bleiben, zu erfassen, was die Menschen musikalisch mögen, die Hörgewohnheiten aufzusammeln. Christliche Popularmusik solle so klingen, dass die Menschen musikalisch damit vertraut sind. „Up to date zu sein ist nichts Unchristliches“, so Lübbers. dpa

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