Ein Rezept für gelungene Integration

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Freising – Elvis ist der Kundenliebling. Schon allein wegen seines bairischen Dialekts. Den hat sich der Nigerianer mühsam erarbeitet. 2018 war er nach Bayern geflüchtet, 2019 begann er eine Ausbildung im Verkauf der Bäckerei Geisenhofer in Freising. Sein Deutsch war damals schon gut – aber viele Kunden verstand er nicht auf Anhieb. Also hat er sich in einer bairischen Theatergruppe angemeldet, um den Dialekt zu lernen. Es hat sich gelohnt. Elvis bekommt von den meisten Kunden ein Lächeln geschenkt, wenn er sie auf Bairisch im Laden bedient. Er hat nicht nur die Ausbildung geschafft, sondern ist auch stellvertretender Verkaufsleiter bei den Geisenhofers. Und er ist eine von vielen Erfolgsgeschichten, die Stephanie Geisenhofer erzählen könnte.

Die 31-Jährige und ihr Mann betreiben seit 2015 Filialen in Dachau und Freising. Ihre rund 100 Mitarbeiter stammen aus 16 verschiedenen Nationen. Einige aus Österreich oder Italien, andere aus afrikanischen Ländern, Afghanistan oder Rumänien. Teils leben sie seit ihrer Kindheit in Bayern, teils sind sie so wie Elvis hierher geflüchtet. „Für uns spielt es keine Rolle, woher die Menschen kommen“, betont Stephanie Geisenhofer. Damit meint sie nicht nur die Herkunft, sondern auch den Schulabschluss. „Für uns zählt, wo sie hinwollen.“ Wichtig ist ihr und ihrem Mann, dass sie Lust auf den Beruf haben. Für diese Philosophie sind die Geisenhofers erst vor Kurzem mit dem Interkulturellen Preis für Vielfalt des Freisinger Migrationsrats ausgezeichnet worden. „Wir haben uns sehr darüber gefreut“, sagt Stephanie Geisenhofer. „Aber wir machen das nicht für Preise.“ Vielmehr aus Überzeugung. Und weil Stefan Geisenhofer erlebt hat, wie es ist, sich in einem fremden Land nicht willkommen zu fühlen. Er wollte für einige Zeit im Ausland arbeiten, entschied sich für die Schweiz. Kurz hinter der Grenze begrüßte ihn auf der Autobahn ein Schild mit der Aufschrift „Ausländer raus“. Wie sich das anfühlte, hat er nie vergessen.

Schlechte Erfahrungen haben die Geisenhofers mit ihrem multikulturellem Team noch nie gemacht. Auch wenn es bei den Angestellten, die grade erst Deutsch lernen, manchmal etwas dauert, bis sie Wörter wie Sauerteig kennen. Für ihre Azubis haben sich die Geisenhofers ein Unterstützungssystem überlegt. „Sie bekommen einen Paten an die Seite gestellt“, berichtet die 31-Jährige. Das sind erfahrene Mitarbeiter im Betrieb, die für sie bei allen Fragen Ansprechpartner sind. Sie stellen mit den jungen Leuten gemeinsam einen Ausbildungsplan auf, in dem festgehalten wird, was sie bis wann können sollten. Mit diesem Paten-System haben sie nur gute Erfahrungen gemacht.

Hin und wieder beobachtet Stephanie Geisenhofer auch, wie sich ihre Mitarbeiter mit Migrationshintergrund gegenseitig helfen. Neulich erst war ein Rumäne zum Probearbeiten in ihrem Geschäft. Sie hörte unbeobachtet zu, wie ihre anderen Mitarbeiter ihm die bayerischen Brotzeiten mit viel Geduld erklärten. Schließlich waren sie selbst einmal in dieser Situation. Auch in der Backstube sei es durch die vielen Kulturen nur spannender geworden, berichtet sie. Oft sprechen ihre Mitarbeiter darüber, wie Brot in ihren Heimatländern gebacken wird. Hin und wieder landet auch mal ein nicht typisch bayerisches Gebäck im Verkauf. Bei den Kunden kommt das gut an, sagt Geisenhofer. Und auch sie und ihr Mann möchten auf den kulturellen Austausch nicht mehr verzichten. „Von Elvis haben auch wir viel gelernt“, erzählt sie. Seine Lebenseinstellung ist: Es gibt nur gute Tage. Nie hat Stephanie Geisenhofer ihn einmal schlecht gelaunt erlebt. So etwas, findet sie, ist im Alltag doch viel entscheidender als ein Pass.

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