Weißenburg – Die meisten Menschen, die sich mit dem extrem seltenen Borna-Virus anstecken, haben erst Kopfschmerzen, Fieber, fühlen sich krank. Meist dauert es nur wenige Tage, dann treten neurologische Symptome auf, Verhaltensauffälligkeiten, Sprach- und Gangstörungen. Kurz darauf fallen die Patienten in ein tiefes Koma, aus dem die meisten nicht mehr aufwachen.
Knapp zwei Wochen, nachdem die Behörden über einen neuen Infektionsfall in Mittelfranken berichtet hatten, ist der Patient nun an den Folgen der Ansteckung gestorben. Dies teilte eine Sprecherin des Landratsamtes Weißenburg-Gunzenhausen am Montag mit. Details zu dem Patienten, was das Geschlecht, Alter oder mögliche Vorerkrankungen angeht, wurden nicht genannt. „Aus Rücksicht auf die Angehörigen“, sagt die Sprecherin.
Die Behörde hatte erstmalig am 21. November über den Infektionsfall im Landkreis informiert. Das Borna-Virus (BoDV-1 – Borna Disease Virus 1) kommt in der Feldspitzmaus vor und löst eine Hirnentzündung aus, die in nahezu allen Fällen tödlich endet. Nur vier Patienten bundesweit überlebten nach jetzigem Kenntnisstand – allerdings mit schweren Folgeschäden. Die Tiere scheiden das Virus in Urin, Kot und Speichel aus. Darüber können sich andere Säugetiere anstecken. Der Übertragungsweg auf den Menschen ist bislang noch unbekannt und Teil der Forschung. Auch in diesem Fall versucht das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit derzeit, die Übertragung nachzuvollziehen.
Bundesweit sind bislang rund 50 Fälle einer Erkrankung mit dem Borna-Virus beim Menschen bekannt. „Das Risiko einer Infektion ist außerordentlich gering“, sagt Professor Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut. Das Robert Koch-Institut geht von zwei bis sechs Erkrankungen jährlich in Deutschland aus, Bayern ist dabei besonders betroffen. Mehr als 90 Prozent aller Fälle traten bislang im Freistaat auf. Im Landkreis Mühldorf hatte eine ungewöhnliche Häufung für große Betroffenheit und bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Zwei Kinder aus dem kleinen Ort Maitenbeth waren gestorben, 2019 ein Mädchen, 2022 ein Bub. Einen weiteren Todesfall gab es in der Region.
Die Borna’sche Krankheit bei Säugetieren ist schon seit mehr als 250 Jahren bekannt – sie ist benannt nach der sächsischen Stadt Borna. Dort gab es früher eine große Kavallerie und viele Pferde starben an einer Gehirnerkrankung. Doch die Wissenschaft steht bei der Erforschung noch ganz am Anfang. Nach der Häufung der Fälle im Kreis Mühldorf gab es dort eine große Studie. Dafür waren die Maitenbether aufgefordert worden, tote Spitzmäuse an das Friedrich-Loeffler-Institut zu schicken. 157 Spitzmäuse kamen bei den Forschern an, davon waren 16 Feldspitzmäuse – sechs trugen das Borna-Virus in sich. Auch Blutproben wurden genommen. In keiner gab es Spuren des Virus – eine gute Nachricht. Denn das bedeutet, dass dort niemand infiziert war, ohne es zu merken. Allerdings hatte fast jeder dritte Studienteilnehmer angegeben, Spitzmäuse im direkten Wohnumfeld gesehen zu haben. Feldspitzmäuse gehören nicht zu den Nagetieren, sondern sind Insektenfresser.
Um sich vor einer Infektion zu schützen, rät das Landesamt für Gesundheit, den Kontakt mit Spitzmäusen zu meiden, zum Beispiel an Straßenböschungen, Steinmauern, Hecken und Schuppen. Ob auch die Garten- und die Hausspitzmaus das Borna-Virus übertragen können, ist nicht bekannt. mit dpa