Die Retter brauchen einen Abholdienst

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

München – Dienstpläne aufzustellen ist nie ein besonders vergnüglicher Job. Für Sönke Lase und sein Team war es die vergangenen Tage aber besonders schwierig, dafür zu sorgen, dass so viele Rettungswagen wie geplant im Einsatz sind. Denn viele Rettungskräfte standen vor demselben Problem wie die meisten Menschen in Bayern: Sie kamen wegen der Schneemassen nicht in die Arbeit. „Wir haben einen Shuttle-Service für sie eingerichtet“, sagt Lase, der Leiter des BRK-Rettungsdienstes in München. Die erste Tour fuhr der Fahrer Samstagfrüh um 5 Uhr morgens, seitdem ging es in mehreren Schichten weiter. „Samstag ist kein Bus, keine Tram gefahren“, berichtet Lase. Viele Rettungskräfte haben kein Auto – ohne den Shuttle hätten sie keine Chance gehabt, in die Arbeit zu kommen. Für Lase hätte das bedeutet, dass er deutlich weniger Rettungswagen zur Verfügung gehabt hätte. Die wurden aber grade am Wochenende mehr denn je gebraucht, weil etliche Menschen auf den glatten Straßen stürzten.

Auch einige Pflegedienstmitarbeiter waren auf die Hilfe von Ehrenamtlichen des BRK angewiesen, um zu ihren Einsatzorten zu kommen. Sie wurden teils mit Fahrzeugen der Wasserwacht zu den Hausbesuchen gefahren. „Pflegekräfte hatten somit plötzlich einen Chauffeur“, sagt BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi und lacht. Alle Blaulicht-Fahrzeuge sind mit Schneeketten ausgestattet. „Sie müssen auch bei Extrembedingungen sicher fahren können“, erklärt er. So extrem wie diesmal waren die Bedingungen aber selten – zumindest nicht in einem so großen Gebiet, betont Taheri-Sohi.

„Es sind extrem fordernde Tage“, sagt Rettungsdienstleiter Lase. Die Dienstpläne müssen permanent angepasst werden, auch jetzt noch sind die Shuttle-Fahrzeuge unterwegs, um Retter einzusammeln und wieder nach Hause zu bringen. „Das bedeutet einen großen personellen Aufwand für uns.“

Überall in Südbayern finde das Rote Kreuz gerade pragmatische Lösungen, um die Dienste zu sichern, sagt Sohrab Taheri-Sohi. „Medizinische Versorgung muss auch unter extremsten Bedingungen aufrechterhalten bleiben.“ Er hofft, dass das BRK den Shuttle-Service Ende der Woche einstellen kann und wieder alle öffentlichen Verkehrsmittel fahren.

Doch der BRK-Sprecher hat noch einen Appell. Er betrifft alle Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Gehbehinderung. „Sie kommen bei Schnee und vereisten Straßen keinen Meter weit.“ Vermutlich kenne jeder einen Menschen, der sich in diesen Tagen schwer tut, einkaufen zu gehen oder Medikamente zu holen, sagt er. Das Angebot zu helfen, ist in diesen Tagen noch mehr wert als sonst.

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