VdK stellt Staatsregierung schlechtes Zeugnis aus

von Redaktion

Präsidentin Bentele ist enttäuscht vom Koalitionsvertrag – Sozialverband hat mittlerweile über 800 000 Mitglieder

München – VdK-Präsidentin Verena Bentele hat sich den bayerischen Koalitionsvertrag vorgeknöpft – und der Staatsregierung mit Blick auf die sozialen Probleme ein Armutszeugnis ausgestellt. „Das Leben im Freistaat wird für viele Menschen auch in den kommenden fünf Jahren nicht weiß-blau und heiter sein“, sagte Bentele, die in Bayern auch VdK-Landesvorsitzende ist. Die Armutsquote der Menschen über 65 Jahre liege bei 21,8 Prozent und sei so hoch, wie in keinem anderen Bundesland. Die Zahl steigt seit 2007 stark. Im Koalitionsvertrag verspreche die Staatsregierung zwar Schutz vor Arbeitslosigkeit und Armut, im Alltag werde den Menschen aber eher Misstrauen statt Hilfsbereitschaft entgegengebracht, sagte Bentele mit Blick auf die Bürgergeld-Debatte. Hinter der Summe, die die Betroffenen bekommen, stehe eine Berechnungsformel, die das Bundesverfassungsgericht 2010 festgelegt hat. Bayern überlegt, eine Bundesrats-Initiative zu starten, um den Betrag zu senken, mit der Begründung, Arbeit müsse sich wieder lohnen. „Arbeit muss sich lohnen“, sagt auch Bentele. „Sie lohnt sich, wenn sie fair bezahlt wird.“ Der VdK fordert schon lange ein Tarifgesetz und eine Anhebung des Mindestlohns auf 14 Euro pro Stunde – nicht wie ab Januar um 40 Cent auf 12,40 Euro. Das sei die wirksamste Prävention gegen Altersarmut, betont Bentele. Im Koalitionsvertrag fand sie als einzig konkrete Gegenmaßnahme die Ankündigung, Finanzhilfen für Tafeln und Bahnhofsmissionen. „Die Unterstützung von Ehrenamtlichen ist keine strukturelle Armutsbekämpfung.“

Auch wenn es um die häusliche Pflege und die Barrierefreiheit geht, ist Bentele vom Koalitionsvertrag mehr als enttäuscht. Beide Themen würden im Koalitionsvertrag bestenfalls gestreift. Der VdK hatte auf eine Förderung von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätzen sowie einen flächendeckenden Ausbau der Pflegestützpunkte gehofft. „Wenn wir Pech haben ziehen wieder fünf Jahre ins Land, die der häuslichen Pflege in Bayern keinen Fortschritt bringen.“ Vergeblich suchte sie im Koalitionsvertrag auch nach dem Wahlversprechen der Freien Wähler, alle bayerischen Bahnhöfe barrierefrei auszubauen.

Immerhin: Zwei VdK-Forderungen haben es in den Koalitionsvertrag geschafft. In Bayern soll ein Gehörlosengeld eingeführt werden und eine Fachstelle für Barrierefreiheit entstehen. Dennoch zieht Bentele Bilanz, der Sozialverband sei so nötig wie noch nie als soziales Korrektiv.

Passend dazu präsentierte der Landesgeschäftsführer Michael Pausder die neuen Mitgliederzahlen. Der Verband hat die 800 000-Marke geknackt. Seit dem Jahr 2000 habe sich die Mitgliederzahl verdoppelt. Die Mitglieder nehmen vor allem die Sozialrechtsberatung in Anspruch. Auch in diesem Bereich konnte Pausder einen Rekord vermelden: „2023 haben wir Nachzahlungen in Höhe von 119 Millionen Euro in sozialrechtlichen Auseinandersetzungen erstritten.“ So viel wie nie zuvor. Das Geld kommt komplett den Mitgliedern zugute. KATRIN WOITSCH

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