Prien – Rosmarie Herrmann (69) aus Prien war richtig erholt. Zehn Tage Kreuzfahrt lagen hinter ihr und ihrem Mann Wolfgang (68). Auch ihre Tochter Julia (32) und deren Freund waren dabei, die vier genossen den Atlantik, die Sonne in der Karibik: Dominikanische Republik, Puerto Rico. Nach zwei wundervollen Tagen in New York wollte die Familie wieder nach München fliegen – aber dann begann eine unglaublich anstrengende Irrfahrt.
Am Samstag, 2. Dezember, 17.35 Uhr, sollte die Lufthansa-Maschine über Montreal nach München fliegen. Das war das Wochenende, an dem der massive Wintereinbruch den Verkehr in ganz Bayern lahmlegte. An jenem Samstag war der Betrieb am Flughafen im Erdinger Moos sogar komplett eingestellt, am Sonntag fielen noch hunderte Flüge aus. Schon am Samstagmorgen bekommen die Herrmanns per SMS Bescheid, dass ihr Flug gestrichen wurde – stattdessen sollen sie mit Delta fliegen, immerhin fast zur gleichen Uhrzeit. „Erst wollten sie uns zwar nicht mitnehmen, aber dann hat es doch geklappt“, berichtet Rosmarie Herrmann von den ersten Unannehmlichkeiten.
Doch es kommt schlimmer: Denn die Maschine, in der die Herrmanns dann sitzen, fliegt erst nach Boston. Sie müssen umsteigen, fliegen nach Dublin. Wieder raus, nächster Halt London. Dann Zürich. Und dann Berlin. Die zahlreichen SMS-Nachrichten, die Tochter Julia bei jeder Umbuchung aufs Handy bekommt und die unserer Zeitung vorliegen, lassen erahnen, dass es drunter und drüber ging. „An jedem Flughafen musste es schnell gehen, wir mussten jedes Mal durch alle Kontrollen“, berichtet Rosmarie Herrmann. Sie schlafen kaum.
In Berlin kommt die Familie um 21 Uhr Ortszeit an. Der Serviceschalter der Lufthansa hat da schon zu, telefonisch ist niemand erreichbar. Also bucht die Tochter ein Hotelzimmer in der Nähe. „Ohne sie wären wir aufgeschmissen gewesen“, sagt die 69-Jährige. Gleich am Montagmorgen versuchen sie, einen Flug nach München zu ergattern. Doch auch jetzt hängen sie in der Warteschleife der Service-Hotline, viele Stunden lang.
Irgendwann erfahren sie, dass sie am Dienstag um 17 Uhr nach München fliegen können. Aber weil sie keine Bestätigung per Mail erhalten, haken sie nach. Da erfahren sie, dass sie nicht mehr auf der Passagierliste stehen – „die Lufthansa hat unsere Reise als beendet erklärt“, sagt Rosmarie Herrmann. Der Fahrplan der Bahn ist zu diesem Zeitpunkt noch völlig durcheinander, aber sie bekommen Tickets für den einzig verfügbaren Nachtzug nach München. Dort kommen sie am Mittwoch um acht Uhr an. „Völlig gerädert, meine Tochter und ich mit einer schweren Bronchitis“, sagt Rosmarie Herrmann, die immer noch erkältet klingt. Die Familie hat vor, einen Anwalt einzuschalten.
Denn die ewige Reise ist nicht alles. Schon zwei Mal wurde per automatischer Mail angekündigt, dass das Gepäck geliefert wird. Bislang haben sie ihre Koffer noch nicht bekommen. Aber noch wütender macht Rosmarie Herrmann folgendes Detail: Der Freund ihrer Tochter arbeitet als Arzt auf der Intensivstation im Klinikum rechts der Isar. Weil er nach der Reise unbedingt am Montagmorgen zum Dienst antreten musste, wollte er sich nicht auf den Ersatzflug mit Delta verlassen. Deshalb buchte er noch in New York auf eigene Kosten um. 800 Euro legte er dafür hin. „Sein Flug“, sagt Rosmarie Herrmann empört, „hat komischerweise schon geklappt.“
Die Lufthansa beantwortete die Anfrage unserer Zeitung gestern aufgrund der Kurzfristigkeit bis Redaktionsschluss nicht.
An jedem Flughafen müssen sie wieder durch die Kontrolle
Die Herrmanns warten noch immer auf ihre Koffer