München – Der Personalmangel in der Pflege ist kein neues Problem – aber eines, das sich von Jahr zu Jahr verschärft. Etwa jede zehnte offne Pflegestelle kann nicht neu besetzt werden, berichtet die Caritas-Vorständin Gabriele Stark-Angermeier. Oder nur mithilfe von Leiharbeitsfirmen. Das schafft für die Einrichtungen gleich mehrere Probleme, wie Doris Schneider, Geschäftsführerin Altenheime beim Caritas-Verband München und Freising, erklärt. Für Pflegebedürftige sei es wichtig, die Pflegenden zu kennen, sagt sie. Zeitarbeitskräfte arbeiten jedoch nur für einzelne Schichten in den Einrichtungen. Und zu den Bedingungen und den Preisen, die sie und die Leiharbeitsfirmen vorgeben. „Die Tarife explodieren, weil die Firmen den Mangel kennen – uns bleibt nichts anderes übrig, als die Preise zu zahlen“, sagt Schneider. Immer wieder komme es auch vor, dass die Caritas Pflegekräfte an Zeitarbeitsfirmen verliert. „Jeder einzelne Fall ist zum Heulen“, sagt Schneider.
Stark-Angermeier wünscht sich ein positiveres Image für die Pflege. „Sie taucht in öffentlichen Debatten fast immer im Zusammenhang mit Missständen auf. Dabei ist Pflege sehr erfüllend und abwechslungsreich“, betont sie. Ziel müsse es sein, deutlich mehr Menschen für diesen Beruf zu begeistern. „Dafür brauchen wir beschleunigte Anerkennungsverfahren ausländischer Pflegefachabschlüsse und mehr Wertschätzung für den Beruf.“
Die neue generalistische Pflegeausbildung, die es seit drei Jahren gibt, sorge zwar dafür, dass die Zahl der Pflegeschüler konstant bleibt, berichtet Stark-Angermeier. Bei der Caritas München und Freising sind es 50 pro Jahrgang. Allerdings können sich die jungen Pflegekräfte nach der Ausbildung aussuchen, ob sie in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern arbeiten möchten. Gegen die Kliniken kommen die Pflegeheime oft nicht an. Der Caritasverband versuche, mit guten Rahmenbedingungen junge Kräfte zu gewinnen. Im Münchner Pflegeheim St. Franziskus ist dafür beispielsweise ein neues Berufsbild entwickelt worden. Ein Mobilitäts- und Ergonomiecoach unterstützt die Bewohner dabei, möglichst lange mobil und selbstständig zu bleiben.
Ein weiteres großes Thema, das die Caritas umtreibt, sind die explodierenden Kosten und Preise. Der Vorstandsvorsitzende Hermann Sollfrank fordert von der Politik eine verlässliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur. „Es wäre äußerst unklug, ökonomische und ökologische Aspekte gegen soziale Aspekte auszuspielen. Ohne Kita und Pflege steht die Wirtschaft still.“ Die Caritas fordert auch deutlich höhere Investitionen in die Bildung von Geflüchteten und deren Kindern. Das würde auch einen Beitrag zur Arbeitskräftesicherung bedeuten, so Sollfrank.
Pandemie, Ukraine-Krieg und der Cyberangriff auf die Caritas haben 2022 zu einem negativen Jahresergebnis geführt, berichtet Vorstand Thomas Schwarz. Das konnte mit den Überschüssen der Vorjahre gedeckt werden. Für 2023 rechnet die Caritas mit einem positiven Ergebnis im einstelligen Millionenbereich. KATRIN WOITSCH