Pocking – Zwei Wochen und drei Tage Hoffnung am Krankenbett. Hoffnung, dass Konrad E. wieder aus dem Koma aufwacht, dass er wieder ganz der Alte wird, der hilfsbereite, lustige Familienvater und Ehemann. Doch in der Nacht auf den 24. Oktober brach für die Familie von Konrad E. die Welt zusammen: Der 61-Jährige aus Pocking (Kreis Passau) starb im Klinikum rechts der Isar an den Folgen einer brutalen Attacke. Und noch immer ist der Angreifer nicht gefasst.
Deshalb setzt die Familie jetzt eine Belohnung für Hinweise aus, die zur Ergreifung des Täters führen. 5000 Euro. „Wir hoffen, dass die Ermittlungen dadurch Fahrt aufnehmen“, sagt der 38-jährige Sohn des Opfers.
Wie berichtet wurde Konrad E. am frühen Abend des 6. Oktober mitten im 15 000-Einwohner-Städtchen Pocking Opfer einer Gewalttat. Er wollte mit seiner Frau in ein Restaurant fahren und Freunde treffen. Doch als er an einer Kreuzung stoppte, schlug ein Unbekannter auf seine Heckscheibe. Konrad E., gelernter Werkzeugmacher, stellte den Mann zur Rede –doch der ging sofort auf ihn los, boxte E. in den Bauch. Der Angreifer haute ab, Konrad E. verfolgte ihn, rief die Polizei und machte im Laufen auch noch Fotos. Seine Frau blieb am Auto, um auf die Polizei zu warten. Die Beamten fanden Konrad E. 200 Meter weiter auf dem Boden liegend. Leblos und voller Blut. Die Polizisten defibrillierten E. vier Mal, der Notarzt brachte ihn mit einem Hirnödem, gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Brustbein und einer Platzwunde am Kopf ins nächste Krankenhaus nach Rotthalmünster. Die Ärzte versetzten ihn ins künstliche Koma, verlegten ihn später zu neurologischen Spezialisten nach München – wo er nach zwei Wochen und drei Tagen starb.
Zur Trauerfeier kamen hunderte Menschen. Für die Familie ist es unerträglich, nicht zu wissen, was Konrad E. in seinen letzten Sekunden erlebt hat. Immer wieder telefoniert der Sohn mit dem Kommissar des Polizeipräsidiums Niederbayern, der die Ermittlungen führt. Doch bislang fehlt vom Täter jede Spur. Auf Anfrage unserer Zeitung heißt es, man wolle sich aufgrund der noch laufenden Ermittlungen nicht äußern. Nachdem ein Bild vom mutmaßlichen Täter aus einer Überwachungskamera veröffentlicht worden war, seien rund ein Dutzend Hinweise eingegangen – allerdings habe keiner bislang zur Ermittlung eines möglichen Tatverdächtigen geführt. „Das Foto ist zwar nicht besonders gut. Aber jeder, der den Mann kennt, erkennt ihn darauf“, sagt E.s Sohn.
In der Kleinstadt ist der Fall noch sehr präsent. Das spürt auch Franz Krah, seit 15 Jahren Bürgermeister von Pocking. „Die Bilder aus der Überwachungskamera werden im Internet immer noch geteilt“, sagt der 63-Jährige. An den Stammtischen wird inzwischen seltener über den Fall geredet als in den ersten Tagen, glaubt Krah, aber: Die Ungewissheit, wer der Täter ist, treibt die Pockinger um. Eine Gewalttat wie diese gibt es nicht oft in dem niederbayerischen Ort. Krah stattet der Polizeiinspektion diese Woche noch einen Weihnachtsbesuch ab, da will er sich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen. Er ist sich ziemlich sicher, dass der Täter kein Hiesiger ist. „Sonst hätten wir den schon gefunden.“
Noch immer machen die Pockinger Fotos von Menschen, die ihnen komisch vorkommen oder die sie an den Mann von dem Foto aus der Überwachungskamera erinnern. „Aber wenn man das der Polizei gibt, fühlt man sich nicht ernst genommen“, berichtet einer. Die Familie von Konrad E. hofft, dass die Belohnung was bringt. Und dass unter den Hinweisen irgendwann der entscheidende ist. CARINA ZIMNIOK