Böse Viren-Bescherung vor dem Fest

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

München – Jörg Schelling ist zurzeit fast jeden Tag dankbar, dass er seine Patienten wieder elektronisch krankschreiben darf. Sonst wäre das Wartezimmer in seiner Praxis in Martinsried im Kreis München noch voller, als es sowieso schon ist. Diesen Winter hatte er erst wenig Influenza-Patienten. „Aber es gibt gerade sehr viele Covid-Fälle“, berichtet er.

Aussagekräftige Inzidenzen gibt es nicht mehr, da nur noch sehr wenige Menschen einen PCR-Test machen lassen. Doch die Untersuchung des Abwassers in München zeigt ebenfalls eine hohe Viruslast an. Höher war sie dieses Jahr nur ein einziges Mal: kurz nach dem Oktoberfest. In anderen Regionen wie Freising oder Ebersberg ist die Viruslast im Abwasser sogar so hoch wie das ganze Jahr noch nicht.

Aktuell gibt es fünf Corona-Varianten in Deutschland, erklärt Schelling (siehe Kasten). Die Symptome sind allerdings sehr ähnlich: Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, aber auch Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber. „Bei einigen Betroffenen kommt es auch zu Atembeschwerden oder Torax-Schmerzen“, sagt der Hausarzt. Vermehrt hat er von Patienten auch wieder gehört, dass sie ihren Geruchs- und Geschmackssinn verloren haben. Mit Symptomen wie diesen rät Schelling, auf jeden Fall zu Hause einen Selbsttest zu machen – besonders, bevor an Weihnachten das Familientreffen ansteht. „Für ältere Menschen oder chronisch Kranke kann das Virus nach wie vor gefährlich sein“, betont Schelling. Er geht davon aus, dass nach drei Pandemie-Jahren die meisten wissen, wie groß ihr Risiko ist. „Wer damals unter den Ersten war, die eine Impfung bekommen haben, sollte sich auch heute noch gut schützen“, sagt er. Auch jetzt sei es für eine Auffrischungsimpfung noch nicht zu spät, um Weihnachten geschützt zu sein, erklärt Schelling. „Der Booster wirkt sehr schnell.“ Gerade für Menschen über 60, deren letzte Impfung oder Infektion länger als ein Jahr zurückliegt, sei das ratsam.

Der Impfstoff wirkt auch für die fünf neuen Corona-Varianten sehr gut, erklärt Franz-Xaver Reichl, Virologe und Mikrobiologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. „Bei allen Varianten handelt es sich um Mutationen von Omikron.“ Allerdings kann man sich auch innerhalb kurzer Zeit mit verschiedenen Varianten anstecken, erklärt er. Eine gewisse Immunität sei nach einer Infektion zwar vorhanden, dennoch sei eine neue Ansteckung möglich, erklärt Reichl. „Die Krankheitsverläufe sind dann aber meist milde.“

Auch die Selbsttests schlagen bei den neuen Coronaviren zuverlässig an, sagt Reichl. „Wichtig ist aber, das Verfallsdatum der Tests zu beachten. Ist es abgelaufen, ist ein negatives Ergebnis eventuell nicht mehr aussagekräftig.“ Auch bei geringer Virenlast zeigen die Selbsttests oft keine Infektion an, erklärt Reichl. Wenige Viren bedeuten aber auch geringeres Ansteckungsrisiko.

Wer vor Weihnachten auf Nummer sicher gehen will, dem rät Reichl, beim Hausarzt einen PCR-Test machen zu lassen. „Die sind noch genauer.“ Hausarzt Jörg Schelling bestätigt das. „Allerdings muss man etwa zwei Tage auf das Laborergebnis warten“, sagt er. „Und die meisten Praxen haben dafür gerade nicht die Kapazitäten.“ Dafür sind die Wartezimmer gerade überall zu voll.

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