Das Trauerspiel um die Werdenfelsbahn

von Redaktion

Deutsche Bahn darf bis 2039 weiterfahren – Trotz Ausschreibung wenige Verbesserungen

VON DIRK WALTER

München/Weilheim – Kurz vor Weihnachten überraschte das bayerische Verkehrsministerium mit der Nachricht, dass es den Verkehrsvertrag mit der Werdenfelsbahn verlängert hat. Der Bahnverkehr zwischen München und Garmisch-Partenkirchen/Mittenwald mitsamt den Nebenstrecken Tutzing–Kochel, Murnau–Oberammergau und der Außerfernbahn nach Tirol bleibt damit auch in der Zeitspanne Dezember 2027 bis Dezember 2039 fest in Hand der Deutschen Bahn.

Eigentlich ist eine Ausschreibung dazu gedacht, dass es mehrere Wettbewerber gibt und die Bayerische Eisenbahngesellschaft dann den besten aussucht. Doch die Ausschreibung muss für die Verantwortlichen der BEG eine Enttäuschung gewesen sein: Die Deutsche Bahn war der einzige Bewerber – andere potente Konkurrenten wie Go-Ahead oder die Bayerische Regiobahn scheuten vor der Abgabe eines Angebots zurück.

Den Weilheimer Norbert Moy, Sprecher von Pro Bahn, wundert das nicht. Nach dem Unglück von Burgrain mit fünf Toten und der fast ganzjährigen Sperrung von Teilstrecken wegen Sanierungsarbeiten sind die Fahrgastzahlen im Werdenfels, wie man hört, im Sinkflug. „Viele Stammgäste bleiben aus“, sagt Moy. Die Werdenfelsbahn sei so etwas wie „verbrannte Erde“ – der falsche Ort für Expansionspläne.

Nun bleibt es also bei der DB. Versprochen sind nur kleinere Verbesserungen. Hauptplus: Der Halbstundentakt, den es bisher nur bis Weilheim gab, soll bis Murnau verlängert werden. Zusammen mit der Schließung kleinerer Taktlücken auf der Außerfernbahn ergibt das eine Steigerung des Verkehrsangebots von 3,83 Millionen Zugkilometer auf 4,07 Millionen im Jahr – also ein Zuwachs von sechs Prozent. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) erklärt, damit sei „das Bestmögliche“ herausgeholt.

Doch Moy glaubt das nicht. Er verweist auf Pläne des Deutschlandtakts und die politische Absichtserklärung, bis 2030 die Fahrgastzahlen zu verdoppeln. Mit lediglich sechs Prozent mehr Zugverkehr bis 2039 sei das nicht zu schaffen. Moy findet das enttäuschend, nennt aber auch Gründe: Immer noch gibt es keine verbindlichen Pläne zum Ausbau der Strecke. „Zwischen Murnau und Uffing fehlt ein zweites Gleis.“ Zwar gebe es nun zumindest eine Planungs- und Finanzierungsvereinbarung – das heißt, die Planungen können beginnen. Doch einen Termin, wann so ein Gleis gebaut sein könnte, kennt niemand.

Zweites Manko: Es gibt keine neuen Haltestellen. Das ist aus Sicht von Moy unverständlich. Selbst die BEG habe eigentlich Kainzenbad (an der Garmisch-Partenkirchner Sprungschanze) als Bahnhof fest installieren wollen. Doch davon ist jetzt nichts mehr zu lesen. Schlimmer noch: Auch der von Pro Bahn immer wieder geforderte Halt in Polling im Kreis Weilheim-Schongau kommt nicht, obwohl es hier früher sogar einen Bahnhof gab und auch zwei Gleise vorhanden sind. „Die wollen einfach nicht“, sagt Moy. „Wenn man Potenziale wecken will, braucht man mehr Bahnhöfe. Doch da fehlt einfach der Wille, die Bahn voranzubringen.“

Da ist es nur ein schwacher Trost, dass für die Werdenfelsbahn spätestens ab Ende 2028 immerhin neue Züge des Typs Siemens Desiro HC (High Capacity) mit Doppelstockwaggons vorgesehen sind. Sie sollen die alten Doppelstockzüge ablösen. Die gewohnten Triebzüge Bombardier Talent 2 mit dem markanten Triebkopf („Hamsterbacke“) bleiben. Insgesamt steigt so die Kapazität der gesamten Fahrzeugflotte um 40 Prozent, sagt die BEG.

Moy ärgert sich aber auch über aktuelle Probleme: Obwohl die Hauptstrecke bis vor Kurzem über Monate wegen Sanierungsarbeiten gesperrt war, gibt es weiterhin eine Reihe von Langsamfahrstellen, die die Züge ausbremsen. An der Unfallstelle bei Burgrain darf nur 70 statt 100 km/h gefahren werden. Bei Ohlstadt gilt wegen Oberbaumangel nur Tempo 60, bei Murnau wegen Weichenmangel gar nur 40 km/h, bei Tutzing 50 km/h. So geht es aus dem DB-internen Langsamfahrstellen-Bericht hervor, der unserer Zeitung vorliegt.

Fast schon kurios: Auch auf der Nebenstrecke Tutzing–Kochel gibt es gleich vier Langsamfahrstellen. Dabei hatte die Bahn eben erst monatelang die Strecke stillgelegt, um die Oberleitung komplett zu erneuern. Daran, den Oberbau auch gleich zu erneuern, hat offenbar niemand gedacht. Oder es fehlte das Geld. Und so darf die Regionalbahn auch im neuen Jahr etwa bei Bichl nur mit Tempo 20 dahertritscheln. Für Moy ist das einfach nur traurig.

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