Die bayerischen Könige waren ausgesprochene Genussmenschen. Deshalb ernannten sie viele Münchner Hersteller zu königlich bayerischen Hoflieferanten. Einen Kini gibt es zwar nicht mehr – doch trotzdem sind diese Traditionsgeschäfte heute nicht alle Geschichte.
Schuhe von Ed Meier
Wenn es hart auf hart kommt, könnte Peter Eduard Meier seine Schuhe verspeisen – wie Charlie Chaplin im Film „Goldrausch“. Auf jeden Fall würde er sich dabei nicht vergiften, denn der Schuhfabrikant legt Wert darauf, bei der Produktion nur nachhaltige Materialien und Gerbverfahren zu verwenden. Dennoch hofft der 62-Jährige, dass es nicht so weit kommt und sein Geschäft weiterhin floriert. Früher bestellte Kaiserin Hermine ihre Schuhe bei Ed Meier. Heute kaufen Promis wie Arnold Schwarzenegger bei ihm ein. Auch der belgische König und dessen Frau, der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizäcker, Helge Schneider und Tina Turner kauften seine Schuhe. „Wir sind nicht supermodern“, sagt Meier. „Aber ein Schuh, der 20 oder 30 Jahre lang halten soll, braucht ja auch ein zeitloses Design. Und Leder wächst ja nicht auf dem Baum, damit muss man sorgfältig umgehen.“
Dallmayr Delikatessen
Hört man den Namen Dallmayr, läuft einem das Wasser im Mund zusammen – selbst wenn der Geldbeutel weint. Das Geschäft in der Dienerstraße wurde um 1700 erstmalig erwähnt. Der Kaufmann Alois Dallmayr übernahm es 1870, 30 Jahre später ging es in den Besitz der Familie Randlkofer über, die dem Delikatessen-Laden das Siegel Hoflieferant einbrachte. „Das war ein Qualitätsausweis“, betont der Geschäftsführer Florian Randlkofer. „Schließlich wurden nur sorgfältig ausgesuchte Lieferanten, die einen guten Ruf besaßen, ausgewählt.“ Seine Ur-Ur-Großmutter Therese hatte den Titel erkämpft. Sie war ihrer Zeit voraus und verkaufte schon ab 1894 frische Bananen. „Das war damals exotisch.“ Früher wurden bei Dallmayr noch Bären zerlegt, denn um 1900 war Bärenschinken eine Spezialität. „Es gibt einige Produktgattungen, die heute noch erhalten sind, beispielsweise Kaffee, Lachs, Austern, Champagner, Wurst- und Schinkenwaren, aber jetzt ist die Auswahl größer und internationaler“, berichtet der Chef. Er versucht, auf die sich ändernden Essgewohnheiten einzugehen. „Eine Firma, die still steht, existiert nicht mehr lange.“ Auch heutzutage beliefert Dallmayr noch Könighäuser oder bewirtet sie mit allem von Weißwurst bis Champagner.
Roeckl Handschuhe
„Wir machen die besten Handschuhe der Welt“, sagt Annette Roeckl selbstbewusst und blickt vom sechsten Stock der Firmenzentrale am Roeckl-Platz auf die schneebedeckten Alpen. Die richtige Zeit für den Handschuhabsatz. Schon Kaiserin Sisi und König Ludwig II. trugen Handschuhe aus der berühmten Manufaktur. „Damals wechselte man ja mindestens fünf Mal am Tag die Handschuhe, zum Reiten, zum Tee, zum Dinner und so weiter“, erzählt Annette Roeckl. Ludwig II. verlieh ihrem Vorfahren Jakob Roeckl den Titel Königlicher Hoflieferant. „Die Auszeichnung hat uns als Unternehmen geadelt“, sagt sie. Die Firma stellt ihre Handschuhe immer noch auf ähnliche Weise her wie vor 185 Jahren. „Wir sind unserem Qualitätsanspruch treu geblieben und haben die komplette Wertschöpfungskette in der eigenen Hand. So kaufen wir das Leder selbst ein und fertigen in unseren eigenen Manufakturen. Annette Roeckl blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Wir müssen uns einfach wetterfest machen!“
Radspieler Textilien
Jürgen Klinsmann ist einer der prominentesten Kunden des ehemaligen Hoflieferanten Radspieler. „Er hatte in seinem Haus in Bogenhausen ein Fenster, das mit 7,32 Metern genauso breit war wie ein Fußballtor“, erzählt Peter von Seidlein, einer der Geschäftsführer von Radspieler. Die Vorhänge hat Klinsmann bei ihm geordert. Als Hoflieferant war Radspieler Hersteller des königlichen Thrones von Ludwig II. Inzwischen hat der ehemalige Vergolder seinen Geschäftsbereich in Richtung Textilien, Mode und Möbel verlagert.
Erbshäuser Torten
Auch die Konditorei Erbshäuser darf sich heute noch mit dem Titel „Königlicher Hoflieferant“ schmücken. Hier leben, arbeiten und servieren die Erben des Schöpfers der Prinzregententorte. Zum 65. Geburtstag von Prinzregent Luitpold erfand Heinrich Georg Erbshäuser 1886 das gute Stück, das zu den berühmtesten seiner Art gehört.
Kurzwaren von Beck
Alles kommt wieder. Bei Ludwig Beck ist es gerade die Vinyl-Schallplatte. „Vor Weihnachten haben wir ein Pop-up für das neue Stones-Album gemacht. Das war die bestverkaufte Schallplatte, die wir je im Angebot hatten“, sagt Geschäftsführer Christian Greiner. Die Fans schlängelten sich bis vor die Ladentür zum Marienplatz. Für das Unternehmen Beck ist aber auch die Tradition und der Titel Hoflieferant wichtig. „Wir haben zum 150. Jubiläum 2011 die Beziehungen mit der Königsfamilie bekräftigt und das Wittelsbacher Wappen im Erdgeschoss hängen.“ Beck darf das Wappen führen, weil die Firma immer noch auch im traditionellen Kurzwaren-Bereich tätig ist. „Wenn Sie sich heute in Neuschwanstein die Himmelbetten anschauen, die sind fast alle von Ludwig Beck.“ Früher war Ludwig Beck für die Wittelsbacher vor allem Posamentier und damit nicht nur Lieferant. Heutzutage lassen sich viele Frauen ihre Dirndl mit Spitzen und Bändern von Beck veredeln. Die Firma verändert sich ständig – fast so schnell wie die künstlerisch gestalteten Schaufenster. „Wir passen uns immer an das Umfeld in München an.“ So hat das Kaufhaus am Rathauseck kürzlich einen Shop der Porzellan-Manufaktur Nymphenburg installiert, nachdem diese am Odeonsplatz zugemacht hatte. Auch auf das Ende von Hoflieferant Kaut-Bullinger hat Beck reagiert und die Papeterie-Abteilung ausgeweitet. „Wir versuchen Dinge zu führen, die man sonst nicht so einfach bekommt.“
Senf von Develey
Den richtigen Senf gab Johann Conrad Develey schon Mitte des 19. Jahrhunderts dazu, 1874 wurde ihm der Titel Königlich Bayerischer Hoflieferant verliehen. Der Konzern-Hauptsitz ist in Unterhaching. Für alle Rheinländer ein Gräuel: 2001 übernahm Develey die Düsseldorfer Löwensenf GmbH.
Ackermann Kalender
Bis heute bezaubert der Ackermann-Kunstverlag mit seinen Kalendern. Gegründet wurde er 1597 in München, Ludwig II. ernannte den Verlag 1879 zum Hoflieferanten.
Eilles Tee
Tee mag vielleicht keine genuin bayerische Erfindung sein, aber Joseph Eilles hat Bahnbrechendes geleistet. Der Kaffee- und Teehändler eröffnete 1873 das erste Spezialitätenhaus standesgemäß in der Residenzstraße 13. Den Firmennamen gibt es immer noch, auch wenn das Unternehmen nicht mehr in Familienbesitz ist.
Beschäftigte am Hof
Neben den königlichen Hoflieferanten gehörten im 18. Jahrhundert auch Ärzte, Perückenmacher, Instrumentenmacher oder Juweliere zum ständig beschäftigten Hofpersonal. Daneben gab es Eigenbetriebe des bayerischen Hofes wie die Hofpfisterei, das Hofbräuhaus oder die Nymphenburger Porzellan-Manufaktur. Sie waren ursprünglich für die Versorgung und Ausstattung des Hofes gegründet worden. Im Laufe der Zeit änderte sich ihre Rolle. Zum Teil wurden sie privatisiert oder verpachtet. Die Porzellan-Manufaktur Nymphenburg gehört inzwischen wieder Prinz Luitpold von Bayern, nachdem sie etwas erfolglose Jahre als bayerischer Staatsbetrieb hinter sich hat. Die Hofpfisterei ist inzwischen eine GmbH, die sich auf Biobrote spezialisiert hat. GABRIELE WINTER