„Mit dem Titel Hoflieferant florierte das Geschäft“

von Redaktion

Die Historikerin Marita Krauss kennt spannende Unternehmensgeschichten aus der Vergangenheit

München – Mit dem Titel Hoflieferant war das Recht verbunden, das königliche Wappen zu führen, berichtet die Historikerin Marita Krauss. „Meist florierte das Geschäft nach dem Erwerb des Titels.“ Noch heute ist er für viele eine Art Gütesiegel. Besonders einfach war es nicht, es zu bekommen, berichtet die Expertin. Und nicht alle Herrscher waren in der Vergabe so großzügig wie König Ludwig II.

Die Professorin für Geschichte hat ein Buch über die Königlich Bayerischen Hoflieferanten und Hofhandwerker geschrieben und damit den Hof sozusagen „durch den Dienstboteneingang betreten“. Sie erzählt darin nicht nur spannende Unternehmensgeschichten, sondern beleuchtet auch das Konsumverhalten im Wandel der Zeit. So gibt es keine Seidenputzer mehr und auch das Dallmayrsche Bärenfleisch ist mittlerweile verschwunden.

Königlich Bayerische Hoflieferanten gab es nicht nur in Bayern, sondern auch in London, Reims und über die ganze Welt verteilt. Zusätzlich zu den königlichen Hoftiteln gab es auch die Titel der königlichen Prinzen und Prinzessinnen. „Der Hof war immer ein Image-Träger“, sagt Krauss. Und wer als Lieferant oder Handwerker einen Fuß in die Tür bekam, für den füllten sich in der Regel die Auftragsbücher. „Wer den Titel noch stark führt, sind Firmen wie Ludwig Beck, Ed Meier oder Dallmayr, weil es bei denen gut ins traditionelle Profil passt.“ Auch eine ganze Reihe von Handwerkern wie Kunstschreiner, der Vergolder Radspieler, Hutmacher oder Schokoladenfabrikanten schmückten sich mit dem Titel. Aber nicht alle hatten eine Chance, ihn zu bekommen. So musste man als Unternehmer schuldenfrei sein und einen einwandfreien Ruf haben. Der Titel konnte auch nicht vererbt werden, sondern ging lediglich an einen honorablen Händler oder Handwerker. Nach dessen Tod konnten sich aber die Erben neu um den Titel bewerben. Einzelne Branchen wie Bierbrauer oder Pfandleiher hatten keine Chance, Hoflieferant zu werden, während rauchen populär war: Zigarrenhändler Zechbauer bekam den Titel.

Als die Revolution von 1918/19 die bayerische Monarchie beseitigte, bestanden mehr als 750 Firmen, die einen Hoflieferantentitel trugen. Die allermeisten sind inzwischen von der Bildfläche verschwunden, berichtet Krauss. „Andere, wie Opel Häusler, bedienen sich des Titels nicht mehr. Wie viele der ehemaligen königlichen Hoflieferanten es noch gibt, lässt sich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen.“ Das liegt auch daran, dass die IHK bei der Digitalisierung der Datenrollen die historischen Dokumente zerstört hat. GABRIELE WINTER

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