Garching – Bayern soll das Zentrum der Kernfusions-Forschung werden. „Wir brauchen nicht die großen Atomkraftwerke, sondern die kleinen Smart-Kraftwerke, die ihren Atommüll selbst mit verarbeiten“, sagte Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch vor Journalisten im Münchner Presseclub. Ein Demonstrationskraftwerk zur Kernfusion soll mittelfristig in Garching entstehen, wo bereits eine Forschungsanlage steht. Bayern will nach dem Regierungswechsel in Hessen eine gemeinsame Initiative starten, sagte Söder. „Die Gespräche laufen.“
Bayern hat sein Bekenntnis zur Kernfusions-Forschung im September abgelegt. Die Fusions-Pläne werden angedockt ans Garchinger Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. „Die Fusionsforschung ist so weit, dass es sich lohnt, den Schritt in die Anwendung zu gehen“, sagte die wissenschaftliche Direktorin des Instituts, Prof. Sibylle Günter, damals.
Die Hoffnung auf ein gemeinsames Projekt mit Hessen speist sich aus dem Regierungswechsel. Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat die Grünen aus seiner Regierung komplimentiert. Der neue Koalitionsvertrag mit der SPD sieht ein Bekenntnis zur Kernfusions-Forschung vor, in Hessen ist „Focused Energy“ beheimatet, ein führendes deutsch-amerikanisches Start-up. „Es wird Zeit, dass wir wieder in Zukunftsprojekte einsteigen, anstatt überall nur auszusteigen“, sagte Rhein der „Bild“. Er wolle, dass Deutschland bei Energieinnovationen wieder mutig vorangehe und Hessen Leitstandort für laserbasierte Kernfusion werde.
Die Hoffnung haben viele. Auch in NRW, wo CDU und Grüne regieren, verlangt die oppositionelle FDP, das bundesweit erste Demonstrationskraftwerk zu bauen. Die FDP schlägt die Flächen des Rheinischen Braunkohlereviers dafür vor. Wie weit sich Bayern und Hessen nun zusammentun, ist im Detail noch offen. Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) soll aufs Nachbarland zugehen, sobald dort nächste Woche die Regierung steht.
Bei der Kernfusion werden Atomkerne bei extremen Temperaturen verschmolzen – wie in der Sonne. Klimaneutral, ohne Gefahr einer Reaktorkatastrophe wie bei der Kernspaltung und ohne langlebige und hoch radioaktive Abfälle. US-Forscher, die auch bei „Focused Energy“ beteiligt sind, hatten vor einem Jahr Atomkerne verschmolzen und dabei mehr Energie erzeugt, als sie per Laser direkt hineingesteckt hatten.
Der Weg für die Forschung ist allerdings noch weit. Es sei „eher was fürs nächste Jahrzehnt“, sagte Söder im Presseclub. Er deutete Skepsis etwa bei seinem Wirtschaftsminister (Hubert Aiwanger, Freie Wähler) an. Söder will demnächst seinen Masterplan für Kernfusion präzisieren, Experten nach München holen, ein Förderprogramm in dreistelliger Millionenhöhe auflegen und eine Ausbildungsoffensive starten. cd