München – Dass dieser Termin fürchterlich anstrengend wird, war Markus Söder schon vorher klar. Der Ministerpräsident hat bereits aberhunderte Hände geschüttelt – und noch immer schieben sich unzählige Gäste vorbei, um ein „Gutes Neues“ von Söder und seiner Gattin zu bekommen. Kurzer Gruß, breites Lächeln, Blitzlichtgewitter. Der Rücken des Bayern-Regenten dürfte allmählich schmerzen, trotzdem bleibt die Laune oben: „Genießen Sie den Abend – aber nichts mitnehmen, ja?“, scherzt er gegenüber einer Gruppe Feuerwehrmänner und deutet auf das riesige Ölgemälde über ihm.
Der Neujahrsempfang ist Söders protokollarisch wichtigster Termin. 1800 Bayern wurden zu der Veranstaltung erwartet, darunter Politiker, Ehrenamtliche, aber auch prominente Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Kirche und Sport. „Herr Söder hat sich gerade für unsere gute Arbeit bedankt – das hat mich sehr gefreut“, sagt etwa Bertram Brossardt, Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Auch Kardinal Reinhard Marx reiht sich in das Gedränge. Selbst Politiker wie CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek und Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze machen das große Händeschütteln mit – obwohl sie Söder ohnehin fast täglich zu Gesicht bekommen. „Ich halte diese Prozedur seit dem Ende der Monarchie für etwas überholt“, witzelt hingegen SPD-Fraktionschef Florian von Brunn, der das erste Mal beim Neujahrsempfang dabei ist. Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Daniel Föst verfolgt das Spektakel lieber auf einem der vielen Bildschirme in der Residenz. „Das habe ich ein Mal mitgemacht, da war noch Seehofer Gastgeber – nie wieder!“, sagt er und lacht.
Erst nach gut drei Stunden Stau auf dem roten Teppich ist das Prozedere durch. Söder ist die Erleichterung anzusehen, als er alle Gäste durch das Defilee in den Kaisersaal dirigiert hat. Als er dann zum Podium schreitet und seine Rede hält, gibt er sich sichtlich nachdenklich. „2023 war kein einfaches Jahr“, erinnert er. Der Anschlag auf Israel, der Krieg in der Ukraine, bei dem noch immer kein Ende absehbar ist – all das bereite den Menschen zunehmend Sorgen. Doch auch „in diesen schweren Zeiten, in denen wir sind, gibt es keinen Grund, Angst zu haben“, sagt Söder. „Wir brauchen Mut und Optimismus. Aufgeben ist unbayerisch.“ Dann verspricht er, „alles dafür zu tun, um Bayern voranzubringen“ – und lässt passend dazu sein Kabinett die Bayern-Hymne singen, die endlich den gemütlichen Part des Abends einläuten soll. KATHRIN BRAUN