Nußdorf – Erst Willanzheim in Unterfranken, dann Nußdorf in Oberbayern (Kreis Rosenheim) und zuletzt Büchelkühn in der Oberpfalz. Alle diese Ortschaften und Ortsteile haben in den vergangenen Wochen ihren Namen verloren. Diebe haben die Ortsschilder entwendet. Im Fall von Büchelkühn waren es sogar alle fünf aufgestellten Schilder.
Der Diebstahl von Ortsschildern ist kein neues Phänomen. Die „Freistaat Bayern“-Schilder wurden schon den 1970er-Jahren geklaut, sagt Wilfried Schober, Pressesprecher des bayerischen Gemeindetags. Laut ADAC müssen in Deutschland jährlich rund 1,6 Millionen Verkehrsschilder, darunter auch Ortsschilder, ersetzt werden, weil sie entwendet wurden. Das kostet die Gemeinden pro Schild und inklusive Montage zwischen 500 und 2000 Euro. In den wenigsten Fällen werden die Täter erwischt.
In Nußdorf wurde das nördliche Ortsschild zwischen Silvester und dem 2. Januar abgeschraubt. Wahrscheinlich hängt es jetzt in irgendeinem Partykeller, vermutet Sebastian Thurnhuber, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Brannenburg. Er kenne diese „Späße“, die sich manche in Nacht-und-Nebel-Aktionen erlaubten. „Das kommt bei uns immer wieder mal vor“, sagt Thurnhuber.
Rechtlich gesehen hört der Spaß beim Schilderklau jedoch schnell auf. Gerade, wenn es sich um ein Ortsschild handelt. Denn dieses Schild signalisiert Autofahrern den Beginn der Tempo-50-Zone. Der Diebstahl eines Ortsschilds kann deshalb als schwerer Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden, was wiederum mit einer Freiheitsstraße von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann.
Der Schilderklau trifft viele Gemeinden in Bayern. In Starnberg wurden im Oktober 2021 vier Ortsschilder gestohlen. Ebersberg musste von 2020 bis 2022 zehn Ortsschilder ersetzen. Und in Petershausen wurden 2020 auf einen Schlag alle acht Ortsschilder geklaut. Für Ortschaften mit kuriosen Namen ist die Situation ungleich schlimmer. Hier gehört der Schilderdiebstahl fast schon zum Alltag. Petting (Landkreis Traunstein), Tittenkofen (Landkreis Erding) und Kotzheim in der Oberpfalz können ein Lied davon singen. In Kotzheim hat man sogar die Schrauben an den Schildern verschweißt. Abgehalten hat dies die Diebe allerdings nicht. Sie haben kurzerhand den gesamten Ständer abgesägt.
Im Pups, einem Ortsteil der Gemeinde Feldkirchen-Westerham im Landkreis Rosenheim, hat die Klau-Frequenz solche Ausmaße angenommen, dass sich die Gemeinde entschlossen hat, das Schild nicht mehr aufzustellen. Eine Ortschaft allerdings darf das nicht. Sie ist für die Bezeichnung ihres Ortes an der Straße verantwortlich.
Immer wieder geklaut wird auch das Schild von Asbach, einem Ortsteil von Petershausen. Jegliche Sicherheitsvorkehrungen wie extra starke Befestigungen erwiesen sich als nutzlos. „Die Schilder hängen nicht mehr länger als einen Monat“, sagte Bürgermeister Marcel Fath vor einigen Monaten. Mittlerweile kauft die Gemeinde neue Schilder schon im halben Dutzend. Bei der letzten Diebstahl-Serie im vergangenen Jahr aber wurde es dem Bürgermeister zu bunt. Er ließ Grundschüler neue Schilder mit dem Ortsnamen gestalten. Zumindest vorübergehend war das eine Lösung gegen den Schilderklau.
Für einen anderen Weg hat sich die Ortschaft Fucking in Österreich nahe der bayerischen Grenze entschieden. Weil die Bewohner den Diebstählen ihrer Ortsschilder nicht mehr Herr wurden und sie zudem genug hatten von den ewigen Witzen, beschlossen sie, die Sache grundlegend anzugehen und ihren Ort umzubenennen. Seit 2021 wohnen sie jetzt in Fugging.