Parsberg – „Ich bin damit aufgewachsen“ – dieser Satz ist in Parsberg oft zu hören, wenn es um das Pferdeschlittenrennen geht. Denn die Menschen hier, in dem kleinen Ortsteil von Miesbach, sind rossnarrisch. Alle zwei Jahre findet das Spektakel statt, diesen Sonntag um 13 Uhr ist es wieder soweit. Dann ist quasi der gesamte Ort dabei, erzählt Florian Heiß, der zweite Vorsitzende des Rennvereins. Und zwar auf der Strecke als auch daneben.
Die Geschichte des Parsberger Pferdeschlittenrennens geht zurück bis ins Jahr 1965. Im Ort war damals relativ wenig los, erzählt Heiß. Das wollten elf Handwerker und Bauern ändern – mit einem Pferdeschlittenrennen. Sie gründeten dazu einen Rennverein. Anknüpfen sollte das Spektakel an die legendären Pferdeschlittenrennen des Miesbacher Trabrennvereins, die bis in die 1920er-Jahre für Begeisterung in der ganzen Region sorgten. „Über die Jahre ist das Rennen dann immer sportlicher geworden“, erklärt Heiß. Heute finden stets zwölf bis 15 Durchgänge in unterschiedlichen Kategorien statt – Haflinger, Oberländer oder Großpferde. Und ein Zuschauermagnet ist das Rennen zweifelsohne: Von durchschnittlich 2000 bis 3000 Schaulustigen sprechen die Organisatoren. Dass zu wenig los ist im Ort, darüber kann man sich zumindest am Tag des Pferdeschlittenrennens wirklich nicht mehr beschweren.
Wer beim Wettstreit allen anderen Teilnehmern davonfahren möchte, der muss freilich fleißig trainieren. An den Tagen vor dem Rennen ziehen einige junge Frauen mit ihren stolzen Rössern ihre Runden auf der rund 500 Meter langen Strecke. Kalt ist es, es schneit ununterbrochen und der Wind weht ihnen eisig ins Gesicht – doch davon lassen sich die jungen Frauen in ihrem Trainingseifer nicht aufhalten. Ebenfalls vor Ort sind die Rennvereinsvorsitzenden Jakob Schwarz und Florian Heiß, die selbstverständlich genau beäugen, was der Nachwuchs zu bieten hat.
Neben den klassischen Pferdeschlitten fällt sofort auch etwas ins Auge, das ein wenig an Wasserskifahren erinnert – nur mit Pferd und im Schnee. Skijöring heißt das ganze im Fachjargon und ist seit Jahrzehnten ebenfalls fester Bestandteil des Pferdeschlittenrennens. Nicht auf dem Schlitten sitzend, sondern auf Skier geschnallt, lassen sich die Teilnehmer vom Ross über die Strecke ziehen. Betrieben wird diese Sportart etwa von Christina Kuchler, die gemeinsam mit ihrem Bruder beim Rennen antreten wird – sie auf dem Pferd, er auf den Skiern. „Als Reiter ist man für den Weg zuständig und muss gleichzeitig auf den Skifahrer achten“, erklärt Kuchler. Wer besonders wagemutig ist, der betreibt das Skijöring übrigens ohne Reiter – so wie Anna Gstöttner. Dann ist Multitasking gefragt, denn während man das Pferd lenkt und in die richtige Richtung führt, darf man gleichzeitig die Balance auf den Skiern nicht verlieren. „Ohne Reiter ist es schon deutlich schwieriger“, sagt Gstöttner.
Chancen auf einen Erfolg am Sonntag haben übrigens sowohl Christina Kuchler als auch Anna Gstöttner: Die eine kann bereits einen Sieg beim Pferdeschlittenrennen in Elbach verbuchen, die andere einen starken zweiten Rang beim Heimspiel in Parsberg. Wie so vielen im Ort liegt auch Kuchler und Gstöttner der Pferdesport im Blut. Der Opa, der Vater, und auch sie selbst – alle teilen sie die Leidenschaft für Rösser, wie Christina Kuchler erzählt. Zudem wohnt sie auch noch direkt neben der Rennbahn. „Ich bin damit aufgewachsen“ – auch sie sagen den Satz häufig. VON ANDREAS JÄGER