Eging am See – Bei Claus Six sitzt der Schock tief. Es ist ein Schaden in Millionenhöhe. „Es sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen“, sagt der Geschäftsführer der Westernstadt Pullman City im niederbayerischen Eging am See zwischen Deggendorf und Passau. „Wir müssen uns erst mal einen Überblick verschaffen. Ich könnte jetzt eine Stunde weinen, komplett. Aber das hilft nicht. Wir müssen nach vorne schauen.“
Das fällt schwer. Gut ein Drittel der Main Street, der Hauptstraße im rund 200 000 Quadratmeter großen Freizeitpark, liegen in Schutt und Asche. Gestern war dort im Gastronomie-Bereich ein Feuer ausgebrochen. Die Flammen fraßen sich durch den Saloon, die Music Hall, die Cantina Mexicana und das Rodeo Steakhouse. Jetzt stehen in der Straße, wo sonst Cowboys reiten und Paraden stattfinden, nur noch rußige Holzgerippe mit verbogenen Dächern aus Wellblech. Letztere haben die Brandbekämpfung erschwert. Szenen, die an den Brand der „Western City“ in Dasing bei Augsburg im Jahr 2017 erinnern.
Für den gestrigen Sonntag wäre im Wilden Westen am Rand des Bayerischen Waldes eigentlich wieder ein Familientag mit freiem Eintritt geplant gewesen. Mit Zauber- und Lichtshows, Ponyreiten und Streicheleinheiten im Kleintiergehege, wie es auf der Internetseite steht. Den Park um elf Uhr zu öffnen, war aber unmöglich. Zu dem Zeitpunkt hatten rund 300 Einsatzkräfte und insgesamt 21 Feuerwehren den Großbrand gerade erst unter Kontrolle. Dichter Rauch stieg da noch aus den Ruinen auf.
Gegen sechs Uhr war das Feuer ausgebrochen. Mitarbeiter hätten den Brand entdeckt und alle Übernachtungsgäste evakuiert, teilt die Polizei mit. In den Sommermonaten können im Park 1100 Personen übernachten, etwa im Palace Hotel mitten in der nun vom Brand betroffenen Main Street. Die 180 Übernachtungsgäste und 20 Mitarbeiter konnten sich gestern in Sicherheit bringen. Daher kann Claus Six etwas durchatmen: „Das Wichtigste an der ganzen Sache: Es gibt keine Personenschäden.“ Nur zwei Leichtverletzte. Ein Park-Mitarbeiter hatte sich bei einem Löschversuch an der Schulter verletzt, ein Feuerwehrler am Bein.
Warum das Feuer ausgebrochen ist, ist noch unklar. Die Polizei ermittelt, sobald der Brandort gesichert und Begehungen möglich sind. Unklar ist auch, wann der Park, in dem rund 500 Mitarbeiter beschäftigt sind, wieder öffnet. Six glaubt, dass er bis mindestens März geschlossen bleibt. Es solle möglichst viel wieder aufgebaut werden. „Wir fangen morgen mit den Planungen an.“ Vom Park selbst sei nur ein kleiner Teil betroffen – der sei aber wegen der Gastronomie wichtig.
Die Westernstadt gibt es seit 1997. Jährlich kommen rund 400 000 Besucher. Daher hat auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf den Großbrand reagiert: „Die zerstörte Westernstadt hat vielen Gewerbetreibenden in der Region Aufträge gegeben und Menschen Arbeitsplätze verschafft. Ich werde mich für den raschen Wiederaufbau dieses Wirtschaftsmotors einsetzen.“ dpa/sco