München/Machtenstein – Astronomie fasziniert Hans Hartl schon lange. Jahrzehntelang lag in seinem Garten in Machtenstein im Landkreis Dachau ein Meteorit. Vor mittlerweile 60 Jahren hatte ein Freund den Stein gefunden und später an Hartl, heute 78 Jahre alt, übergeben. Seither ließ ihn die Begeisterung für alles „von da oben“ nicht mehr los. Jetzt trat erneut ein Himmelsspektakel in seiner Nähe auf.
Am Samstag fegte in der Abenddämmerung ein heller Leuchtkörper über Bayern hinweg. Wie der Astronomie-Experte Helmut Hornung aus Weilheim von Berichten der tschechischen Sternwarte Ondrejov weiß, trat um genau 17.29 Uhr ein Meteoroid in die Erdatmosphäre ein. Über 400 Sichtungen, unter anderem aus Bayern, Österreich, Tschechien und Kroatien, gingen bei der International Meteor Organization ein. In der Nähe der Gemeinde Triftern im niederbayerischen Rottal begann der Meteoroid schließlich hell zu leuchten. „Er war etwa so groß wie ein Handball“, schätzt der Wissenschaftsjournalist. Die Feuerkugel überquerte Bayern weiter in Richtung Westen. Wie aus dem Bericht der tschechischen Wissenschaftler hervorgeht, war der Meteoroid mit einer Geschwindigkeit von 17,8 Kilometern pro Sekunde unterwegs. Das bedeutet: Seine 128 Kilometer lange Flugbahn legte er in 8,5 Sekunden zurück. Den Berechnungen zufolge erlosch die Feuerkugel dann rund 25 Kilometer nordwestlich von München – über dem Kreis Dachau. „Es ist durchaus möglich, dass dort kleinere Fragmente verteilt wurden“, vermutet der Experte. Die Wissenschaftler schätzen, dass diese Meteoriten nur wenige Gramm wiegen, die Sternwarte Ondrejov nennt als Obergrenze 250 Gramm.
Dass Stoffe aus dem Weltall auf die Erde fliegen, ist laut Hornung keine Seltenheit. „Nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde NASA prasseln täglich zwischen tausend und zehntausend Tonnen Material auf die Erde.“ Allerdings werde das Meiste in der Atmosphäre zerrieben, ein Großteil lande im Wasser. Die Steine, die auf der Erde landen, bezeichnen Experten als Meteoriten. Von Meteoroiden spricht man hingegen, wenn der Körper im Weltraum oder noch in der Luft fliegt. Die Leuchtspur, die ein Meteoroid auslöst, nennt sich Meteor.
Wer sich in Dachau auf die Suche nach den Meteoriten macht, könnte dennoch enttäuscht werden. Das sogenannte Streugebiet, in dem die Meteoriten verteilt sind, wird auf rund 30 Kilometer geschätzt. „Eine systematische Suche wäre sinnlos.“ Die Wahrscheinlichkeit, einen Stein zu finden, sei zu gering, erklärt der Weilheimer. Laien könnten einen Meteoriten mit dem bloßen Auge nur schwer erkennen. „Die sind relativ dunkel, fast schwarz.“
Hans Hartl und seinen Bekannten in Machtenstein ist das trotzdem gelungen. 1965 fand Josef Landmann einen Stein auf einem Feld – wusste allerdings zunächst nichts damit anzufangen. Jahrzehnte später übergab er ihn an Hartl. „Es war ein greisliger brauner Stein“, erinnert er sich. Vor zehn Jahren interessierte ihn die Geschichte schließlich doch. Denn der Augsburger Astronom Dieter Heinlein bestätigte im Jahr 2014 Hartls Verdacht, dass es sich um einen Meteoriten handelt. „Das war phänomenal für mich“, schwärmt Hartl. Auf die Suche nach einem neuen Stein will er jetzt aber nicht gehen. „Das wäre viel zu zeitaufwendig und für mich mit dem bloßen Auge auch nicht mehr erkennbar.“ Stattdessen plant er eine Feier für das zehnjährige Jubiläum des Machtensteiner Meteoriten.