Ein Streik – wieder mal zur Unzeit

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Es ist aus Sicht des Flughafens wieder mal ein Streik zur Unzeit. Erst kürzlich hat der Flughafen einen neuen Rekord verkündet. Im Asien-Verkehr übertrifft die Nachfrage das Angebot vor der Pandemie 2019. 107 Flüge wöchentlich werden nach Südostasien angeboten, sechs mehr als 2019.

In diesem Jahr wollte Flughafen-Chef Jost Lammers eigentlich die Pandemie endlich hinter sich lassen, bei der Zahl der Flugbewegungen die Marke von 2019 übertreffen. Doch mal ist es das Wetter, dann wieder Streiks, die dieses Vorhaben zerschießen.

Ab 4 Uhr früh am Mittwoch bis Donnerstag kurz nach 7 Uhr treten bundesweit etliche Lufthansa-Töchter in Streik: Technik, Cargo, Engineering, Logistik Services – das gesamte Bodenpersonal der Lufthansa, 2500 in München, 20 000 bis 25 000 Mitarbeiter bundesweit. Ein Großteil der in diesem Zeitraum geplanten 400 Lufthansa-Flüge ab und nach München dürfte ausfallen. Betroffen sein könnten auch Flüge von Swiss oder Austrian, für die LH-Personal am Schalter den Check-in vornimmt.

Grund sind die laufenden Tarifverhandlungen für die Tarifgruppe „Lufthansa Boden“. „Dieser Streik wäre unnötig, wenn Lufthansa den Bodenbeschäftigten die gleichen Erhöhungen zugestehen würde wie anderen Beschäftigtengruppen im Konzern“, sagte Verdis Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. „Sollte die Lufthansa das nach diesem ersten Warnstreik nicht einsehen, dann sind die Beschäftigten auch zu längeren Streiks bereit.“

Der Flughafen steht zusätzlich unter Druck, weil demnächst ein Wechsel in der Abfertigung vollzogen wird. Ende Februar läuft der Vertrag mit dem Abfertiger Swissport Losch aus, stattdessen kommt Aviapartner. Der Flughafen hofft auf einen möglichst reibungslosen Wechsel, der den „stabilen Flug- und Abfertigungsbetrieb“ nicht weiter belastet. So etwas wie das Kofferchaos von 2022 und 2023 will man unbedingt vermeiden. Die Lufthansa beäugt indes den Wechsel der Abfertigungsfirma, den das Luftamt Südbayern nach einer Ausschreibung und einer Anhörung von FMG, Betriebsrat und Nutzerausschuss der Airlines angeordnet hat, äußerst misstrauisch. Sie hat mit Aviapartner keine guten Erfahrungen gemacht.

Bei Verdi hätte man gerne einen geordneten Betriebsübergang organisiert, wie Verdi-Betriebsrat Ralf Krüger unserer Zeitung sagt. Dann hätten die 600 Beschäftigten von Swissport Losch zu gleichen Konditionen zu Aviapartner wechseln können. „Aus unserer Sicht wäre das der beste Weg. Es ist immer noch machbar“, sagt Krüger. Swissport Losch hat daran jedoch offenbar kein Interesse. Die Firma schloss stattdessen einen Kooperationsvertrag mit Aeroground ab, bestätigt ein Flughafen-Sprecher. „Swissport Losch wird die Aeroground zukünftig bei der Flugzeug- und Gepäckabfertigung als Subunternehmer unterstützen.“ So könnten auch Mitarbeiter am Flughafen gehalten werden. Aeroground ist ein Tochter-Unternehmen der Flughafen-Gesellschaft FMG und mit 1800 Beschäftigten der größte Abfertiger am Airport. Im Jahr 2023 seien 450 Beschäftigte neu eingestellt worden, sagt der Sprecher. Es gebe sogar berufsbegleitende Deutschkurse, um die Neuzugänge zu unterstützen.

Die Folge ist allerdings, dass Aviapartner jetzt händeringend Personal sucht. Eine Jobmesse Mitte Dezember im Hilton am Flughafen brachte offenbar nur begrenzten Erfolg. Jetzt wurde eine Prämie („Willkommensbonus“) für Neuzugänge von 2500 auf 3000 Euro erhöht. „Du bist körperlich belastbar und hast Freude am Arbeiten an der frischen Luft“, umwirbt das Unternehmen online neue Arbeitnehmer – eine vornehme Umschreibung des Jobs, der am Gepäckband echte Malocher-Qualitäten verlangt. Das Lohnniveau sei letztlich zu gering, findet Betriebsrat Krüger.

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