Schon als Kind schlummerte der Berufswunsch in ihr: „Das habe ich immer in die Freundinnenbücher geschrieben“, sagt sie. Ihre Eltern Johannes und Kathrin Mittermeier betreiben Friseursalons in Poing und München. In Rekordzeit hat die 18-Jährige nach der Ausbildung die Gesellen- und gleich danach die Meisterprüfung absolviert. „Ich wollte zwischendurch nicht erst arbeiten, um später wieder lernen zu müssen. Ich wollte es gleich hinter mir haben.“ Die Ausbildungszeit an einer Forchheimer Akademie sei sehr stark durchgetaktet gewesen, sagt die Jung-Meisterin. Das Programm hört sich tatsächlich nach strengem Internat an: kein Alkohol, keine Zigaretten, immer wieder Kontrollen und nur alle vier Wochen ein Kurzbesuch zu Hause. Die Disziplin zahlt sich aus: Mittermeier besteht drei Prüfungen in einem Jahr. Dank ihres Realschulabschlusses konnte sie ihre Ausbildung um ein Jahr verkürzen, sodass sie 2023 im April die Zwischenprüfung, im Juli die Gesellenprüfung und im Dezember die Meisterprüfung ablegen konnte. „Alle zwei Wochen eine Prüfung“, erzählt sie über die Lehrzeit.
In der Meisterprüfung musste sie eine Dame in eine moderne Version der bösen Hundeentführerin Cruella De Vil aus dem Film „101 Dalmatiner“ verwandeln. Markant sind deren schwarz-weiß gefärbte Haare. Zur Prüfung gehörten auch Make-up, Styling und Nageldesign. Außerdem musste Mittermeier einem Herren mit Papilotten feine Locken zaubern, also „glattem Haar Schwung verleihen“, wie sie es selbst beschreibt. Am zweiten Prüfungstag waren unter anderem ein Herren-Fassonschnitt (das Haar im Nacken und an den Seiten am kürzesten) und Hochstecken an der Reihe. Am 18. Dezember 2023 erhielt Melina Mittermeier die Meisterurkunde – mit 18 Jahren als jüngste Friseurmeisterin Bayerns.
Mittlerweile ist sie zurück in Poing und arbeitet im Salon ihrer Eltern. Neunzig Prozent derjenigen, die auf die Friseuer-Akademie gehen, kommen selbst aus Friseurbetrieben und -familien, erzählt die 18-Jährige. Jetzt möchte sie zuhause Berufserfahrung sammeln – und irgendwann weiterziehen. Vielleicht sogar bis nach London, Mailand oder Paris. Was schätzt sie am Friseurhandwerk? „Es ist schön, wenn man Menschen was Gutes tun und ich ihnen durch meine Arbeit ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann“, sagt Mittermeier.
Wird sie gefragt, welche Frisur bei Männern und Frauen gerade angesagt ist, wirft sie mit Fachbegriffen um sich: „Bei Männern liegt der Mullet im Trend“, antwortet sie. Eine Abwandlung des „Vokuhila“ („Vorne kurz, hinten lang“) aus den späten 1980er-Jahren. Mullet ist die englische Bezeichnung für Vokuhila und variantenreicher. Bei Frauen sind laut Melina Mittermeier Curtain Bangs angesagt. Das sei ein Pony wie ein Vorhang vor der Stirn und dem Gesicht. In der Kurzhaar-Version ein Bob mit Pony. Diese Art trägt die Friseurmeisterin selbst gerne – geschnitten von ihrer Mutter. ARMIN RÖSL