Spitzingsee – Als das Schneebrett an der Rotwand hinabrauscht, sitzt Lenz Haberle im Büro in Schliersee. Und es sollte noch eine Weile dauern, bis der Einsatzleiter der Bergwacht Schliersee etwas von dem potenziellen Lawinenunglück mitbekommt, denn: Wegen des schlechten Handyempfangs nimmt der Notruf des Sohns der von den Schneemassen mitgerissenen Schneeschuhwanderin einen ungewollten Umweg.
Wie Haberle berichtet, war das Mobiltelefon des 23-Jährigen aus Oldenburg im österreichischen Netz eingewählt und landete in der Leitstelle Innsbruck. Der Disponent musste aufgrund der Beschreibungen davon ausgehen, dass die Lawine auf der Nordseite der Rotwand abgegangen ist – und verständigte die Bergwacht Leitzachtal. Da versuchte man, den jungen Mann zurückzurufen, kam aber nicht mehr zu ihm durch. Dennoch sei es dem Kollegen durch dessen Ortskenntnis gelungen, den Standort auf die (letztlich richtige) Südseite des Gebirgsmassivs festzulegen.
Gegen 13.30 Uhr wurde die Bergwacht Schliersee alarmiert – und musste von einem Lawinenunglück mit Verschütteten ausgehen. Haberle forderte einen Rettungshubschrauber an. Hundeführer Florian Köck gelang es, vom Heli aus mehrere Schneebretter auf der Südseite der Rotwand auszumachen. Augenscheinlich hatte sich der gut 50 Zentimeter tiefe Neuschnee in einigen der Felsrinnen gelöst und war in Richtung des Fahrwegs zum Rotwandhaus gerutscht. Von möglichen Verschütteten aber keine Spur.
Dann jedoch ging endlich ein Anruf der Gesuchten ein: Die 51-jährige Mutter des Oldenburgers meldete sich gegen 15.30 Uhr und berichtete, dass sie zwar von dem Schneebrett erfasst worden war, aber wohlauf und bereits mit ihrem Sohn auf dem Rückweg sei. Sie wurde sicherheitshalber noch medizinisch durchgecheckt.
Für Haberle steht fest, dass die Frau großes Glück hatte. Der Hang sei von freiliegenden Felsen durchsetzt. Ein Fehlverhalten von ihr oder ihrem Sohn kann der Einsatzleiter nicht erkennen. Beide seien für ihre Schneeschuhtour gut ausgerüstet gewesen. Dass sie trotz des laufenden Einsatzes einfach weitergegangen seien, sei der in solchen Fällen oft zu beobachtenden Unwissenheit geschuldet gewesen, vermutet Haberle. „Und natürlich dem schlechten Handyempfang.“