München – Agrardiesel, Umweltauflagen, Bürokratie – die Bauern sind auf den Barrikaden. Der Traktoren-Protest hat längst die Bundespolitik alarmiert. Doch auch in Hilpoltstein macht sich jemand Sorgen. In der kleinen mittelfränkischen Stadt ist der Hauptsitz des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), neben dem Bund Naturschutz wohl die größte Lobby-Organisation für den Umweltschutz in Bayern. Ihr Vorsitzender Nobert Schäffer sorgt sich, dass durch die Proteste Umweltauflagen für die Landwirte fallen könnten. „Wir merken Gegenwind“, sagt Schäffer unserer Zeitung. „Die Gefahr besteht, dass die Umwelt-Ziele untergraben werden.“
Zum Welttag des Artenschutzes an diesem Sonntag (3. März) warnt der LBV vor einem Verlust einheimischer Arten. Nur 97 der 210 regelmäßig in Bayern vorkommenden Vogelarten sind gänzlich ungefährdet, selbst der Haussperling befindet sich auf der Vorwarnliste. Während die Vogelwelt an Gewässern, aber auch in Wäldern stabil ist und auch die Bestände in Siedlungen nur leicht rückläufig sind, sieht es bei den Wiesen- und Feldvögeln dramatisch schlecht aus. „In den vergangenen 40 jahren haben wir die Hälfte der Individuen verloren“, sagt Schäffer. So sind 95 Prozent der Rebhühner, 80 bis 90 Prozent der Kiebitze und über die Hälfte der Feldlerchen heute nicht mehr vorhanden. Akute Sorgen macht sich der Landesbund für Vogelschutz um die Uferschnepfe. Sie ist „leider auf dem absteigenden Ast“, sagte LBV-Fachreferentin Verena Auernhammer. Die Zahl der Brutpaare ist rückläufig. 1994 waren es noch 94, 2021 nur noch 19. Vom Landesamt für Umwelt seien für 2023 sogar nur noch elf Paare angegeben worden, aber das ist eine vorläufige Zahl. Hauptproblem sind trockene und regelmäßig gemähte Wiesen. Der Vogel benötigt Feuchtwiesen und Flachwasserzonen, in denen er mit seinem langen Schnabel nach Nahrung stochern kann.
Doch ein reines Negativbild will der LBV auch nicht zeichnen. „Wir sehen auch Erfolge, wollen nicht die komplette Apokalypse an die Wand malen“, sagt LBV-Chef Norbert Schäffer. So hat sich der Bestand der Stieglitze zwischen 2013 und 2021 mehr als verdoppelt, wie die Referentin Alexandra Fink erläuterte. Der Stieglitz, der sich von bis zu 152 verschiedenen Samenarten ernährt, benötigt „wilde Gärten, in denen Unordnung zugelassen wird“. Und die gebe es in Bayern offenbar vermehrt.
Schäffer hofft, dass das Bienen-Volksbegehren von 2019 langfristig auch bei den Wiesen- und Feldvögeln einen Umkehrtrend bewirkt. Die damals vereinbarten Streuobstwiesen seien noch nicht so lange gepflanzt, dass sich das bei der Vogelwelt direkt auszahle.
Er warnt vor allem, beim damals vereinbarten Ziel der Reduzierung des Pestizid-Einsatzes nachzugeben. Jüngste Äußerungen etwa des CSU-Europapolitikers Manfred Weber und von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) nährten diese Befürchtung. Immerhin habe Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) sich zu dem Ziel bekannt, die Menge der Pestizide in der Landwirtschaft bis 2028 im Vergleich zum Durchschnitt 2015/18 zu halbieren.
„Wir müssen runter mit der Menge“, sagt Schäffer. Das Volksbegehren und der Artenschutz seien „keine Selbstläufer“.