München – Deutschland ist ein beliebtes Ziel für illegale Einwanderer. Auch wenn hier keine Grenze ist, macht sich das in München bemerkbar. „Letztes Jahr hat es bei uns 9500 Verfahren wegen illegalen Aufenthalts gegeben, 4500 mehr als 2022“, berichtet der leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst. Nun wurde bei der Staatsanwaltschaft München I ein neues Team gegründet: Die Abteilung 19 ist ab sofort zuständig für Ausländerstrafrecht.
„Die Schwierigkeit ist, dass wir es einerseits mit Massendelikten zu tun haben, also mit tausenden illegalen Einreisen zur Asylantragstellung, Aufenthalten ohne Pass oder Fällen von Arbeit ohne Aufenthaltserlaubnis“, sagt Florian Schlosser. Der 54-Jährige leitet die neue Abteilung. „Andererseits gibt es immer mehr schwere Schleuserdelikte, teils mit Todesfolge. Da sind umfangreiche und komplexe Ermittlungen nötig.“
Er berichtet von einem eklatanten Fall aus dem Jahr 2022: In einem Gewerbegebiet in Ottobrunn beobachteten Passanten, wie aus einem Lkw mehr als 50 Syrer stiegen, darunter Frauen und Kinder. Die Geschleusten waren aber wegen 36 Stunden Luftmangels und Platzangst (die Fahrt startete in der Türkei) so wütend, dass sie den Fahrer am Ziel verprügelten und ihm die Nase brachen – die Polizei rückte an.
Erst gestern gelang auch der Staatsanwaltschaft Traunstein ein Coup, diesmal gegen sechs mutmaßliche Schleuser. Im September hatte man ihren Fahrer verhaftet, als er gerade vier Iraker ohne Papiere auf der A8 von Österreich nach Bayern fuhr; jetzt fanden die Beamten in der Passauer Wohnung eines der Verdächtigen 140 000 Euro, möglichen Schleuser-Lohn.
Dem illegalen Ansturm begegnet die Münchner Justiz jetzt mit geballter Kompetenz. Außer Florian Schlosser sind vier weitere Staatsanwälte im Team 19, die viele Fälle in kurzer Zeit bewältigen sollen und auch Kollegen aus anderen Abteilungen beraten. Zusätzlich konzentrieren sich drei weitere Staatsanwälte auf komplizierte, oft internationale Ermittlungen in Schleuser-Fällen.
Wie flott die Münchner Staatsanwälte tatsächlich in anderen Ländern arbeiten, berichtete Ambika Zeeb. Ihr und ihrem „Joint Investigation Team“, das sie mit Staatsanwältinnen aus Frankreich und Luxemburg bildete, gelang es 2023, dem Gouverneur der Libanesischen Zentralbank Veruntreuung nachzuweisen. „Er hatte 330 Millionen US-Dollar unterschlagen und in Immobilien gesteckt“, so Zeeb. „Der Libanon bat uns um Hilfe. Und bekam sie. Wir konnten die Finanzströme lückenlos nachweisen.“
Die Damen ermittelten in Beirut, beschlagnahmten zwei Münchner Nobel-Büroimmobilien. Münchens Staatsanwaltschaft ist überall. Der Mann allerdings ist im Libanon auf freiem Fuß.