Schönau am Königssee – Ab der nächsten Saison ist Schluss mit dem alpinen Skibetrieb am Jenner im Berchtesgadener Land. Den Umbruch am Schönauer Hausberg müssen auch langjährige Mitarbeiter wie der stellvertretende Betriebsleiter Max Bosch (37) erst einmal verdauen. Das Alpin-Aus bedeutet aber gleichzeitig einen Neustart für Bahn und Berg im Winter. Denn der Wandel, sagt Bosch im Interview, war absehbar.
Herr Bosch, Sie sind seit fast 20 Jahren am Jenner. Wie ging’s los?
Als ich angefangen habe, hatte ich bereits eine Ausbildung als Metallbauer absolviert. Das war die ideale Grundlage für den Einstieg bei der Seilbahn. Heute gibt es eine eigene Ausbildung zum Seilbahntechniker. Anfangs war ich Betriebsbediensteter, also quasi Schaffner am Bahnsteig. Ich hatte dann die Möglichkeit, als Maschinist weiterzuarbeiten. Das heißt, ich war für jeweils eine Anlage zuständig. Seit November 2020 bin ich geprüfter stellvertretender Betriebsleiter.
Alpines Skifahren war immer wesentlicher Teil des Jenner-Winters. Ab kommender Saison ist das anders. Bedauern Sie das?
Aus persönlicher Sicht bedauere ich das, weil ich selbst gerne Ski fahre. Heuer wurden aber die Saison über nur noch 700 Tickets für Skifahrer verkauft.
Wie war das früher?
Früher sah man in den Weihnachtsferien auch mal Schlangen an der Talstation. Der Andrang war aber nur gefühlt mehr, weil wir mit der alten Bahn ja viel weniger Förderkapazität hatten. Heute sind Aufwand und Kosten viel höher, um wettbewerbsfähige Pisten herstellen zu können. Das macht das alpine Skifahren für Seilbahn und Gast immer teurer. Die Skifahrer werden seit Jahren immer weniger, besonders außerhalb der Ferienzeiten.
Ganze Generationen lernten am Jenner das Skifahren. Geht da nicht ein Stück kulturelle Identität verloren?
Sicher fehlt uns jetzt hier am Jenner dieses Angebot im Winter, aber: Kinder von Ski fahrenden Eltern werden sicherlich weiterhin Skifahren lernen und können ihre Sportart in der Region ausüben.
Die Skipisten des Jenners werden künftig nicht mehr präpariert. Was machen dann die Mitarbeiter?
Die Anzahl der Pistenbullys können wir reduzieren, aber die verbleibenden werden im Einsatz bleiben. Wir präparieren ja weiterhin den Krautkaserhang für den Deutschen Skiverband und unsere Rodelbahn. Die Mitarbeiter sind dort weiterhin im Winterdienst-Einsatz. Am Jenner wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben.
Skitourengehen boomt. Haben Sie eine Erklärung, warum die Leute neuerdings lieber raufgehen statt nur runterzufahren?
Skitourengehen ist im Berchtesgadener Land schon immer zu Hause, allerdings früher meist im freien Gelände. Viele sind jetzt aus Fitnessgründen unterwegs, nutzen präparierte Pisten, weil sie gar nicht im freien Gelände fahren können.
Die Bergbahn profitiert von Tourengehern nur bedingt.
Viele der Skitourengeher kommen aus dem Chiemgau und dem benachbarten Salzburg. Sie nutzen unsere Infrastruktur, kehren aber auch gern in der Jenneralm ein. So lernen sie den Jenner kennen und kommen vielleicht im Sommer mit der Familie, um die Bergbahn zu nutzen. Und erzählen am Ende dann weiter, wie schön es bei uns ist.
Wird der Jenner jetzt zum Berg für Rodler und Winter-Wanderer?
Rodeln ist für die Gäste mit wenig Aufwand verbunden. Einen Schlitten oder einen Bob gibt es für kleines Geld im Verleih. Man hat einfach Spaß im Schnee, als Familie oder als Freundesgruppe. Die Beherrschung des Schlittens kann man schneller lernen als das Skifahren. Ob das Rodeln das Skifahren komplett kompensieren kann, wird sich zeigen. Wir planen aber eine einfache, zweite Rodelstrecke an der Mittelstation.
Das für den Jenner wichtigere Geschäft ist das im Sommer. Bleibt da alles wie gehabt?
Aktuell gibt es keinen Anlass, im Sommer etwas zu verändern. Im Sommer sind schon immer mehr Gäste da gewesen, und die Bahn ist gut ausgelastet. Die Möglichkeiten am Berg sind schon groß: Wandern, Bergsteigen, Klettersteig, Paragliden, dazu die tolle Nationalparkausstellung in der Bergstation. Für Kinder gibt es Spielplätze an Berg- und Mittelstation. Viele unserer Gäste sind allein schon von unserem Panoramablick und der großen Terrasse der Jenneralm begeistert.
Interview: Kilian Pfeiffer