In unserem Stadtviertel stehen häufig Kartons auf der Straße. Drin sind gebrauchte Gegenstände, die die Vorbesitzer zu schade finden, um sie in die Tonne zu werfen. Bücher, CDs, DVDs, Geschirr, Spielzeug… Erst kürzlich habe ich mir eine sonnengelbe Keramikvase geschnappt, die für kommende Frühlingsblumen ein prächtiger Aufenthaltsort sein wird. Leider kann ich nicht „Danke“ sagen, weil ich nicht weiß, wer sie aus dem eigenen Haushalt entfernt hat. Aber vielleicht liest der- oder diejenige den Merkur und weiß jetzt, dass ich mich über das unerwartete Geschenk freue.
Im Kalender für kuriose Feiertage ist für den 2. März „National Old Stuff Day“ vermerkt. Er wird vor allem in den USA begangen. Ist aber eine schöne Idee auch hierzulande. Natürlich kann man, was viele Jahrzehnte oder mehr auf dem Buckel hat, austauschen gegen Frisches, Attraktiveres. Wird ja oft gemacht, selbst bei Ehepartnern. Aber es geht eben auch anders. Der Erfolg von Sendungen wie „Kunst und Krempel“ oder „Bares für Rares“ spricht dafür, dass sich „alter Kram“ wieder größter Wertschätzung erfreut. Bei „Kunst und Krempel“ werden Besitztümer von Experten kunstgeschichtlich eingeschätzt, um nach Hause zurückzukehren – mit anderen Augen gesehen und neu geliebt. In der Serie von Horst Lichter streben die Gäste danach, ihren antiken oder mehr als Vintage fungierenden „old stuff“ hochpreisig zu veräußern. Manchmal nehmen die Verkaufenden reumütig wieder mit, was sie loswerden wollten. Jemand anderes findet toll, was ihnen nicht mehr gefällt? Da sieht die Sache doch gleich anders aus.
Tag der alten Dinge. Eine Gelegenheit, zu Hause alte Fotos, Briefe und Postkarten hervorzukramen und Erinnerungen zu pflegen. Bücher und Filme, die von vergangenen Zeiten erzählen, verlocken zum Lesen und Schauen – besonders, wenn man niemanden hat, der von früher berichten kann. Das Bayerische Nationalmuseum oder die Pinakotheken sind zeitlose Räume, die man immer wieder mal aufsuchen sollte – oder das Heimatmuseum am Ort. Viele Flohmärkte laden ein, um zu stöbern oder zu kaufen, was einem im übertragenen Sinn bereichernd erscheint. Natürlich kann man am Tag der alten Dinge auch aussortieren, was man tatsächlich nicht mehr benötigt. Aber in einem schönen konservativen Sinn: Nicht wegwerfen, sondern erhalten und bewahren, indem man verschenkt, verkauft oder spendet. Anschließend Füße hoch und flüssigen „old stuff“, ein richtig gutes Glas Wein, getrunken. Der wird wie wahre Kunstwerke mit den Jahren immer besser, wenn er etwas taugt. Ein feiner Hinweis darauf, dass Altern auch seine köstlichen Seiten hat.