Neuschwanstein: Appell der Überlebenden

von Redaktion

Staatsanwaltschaft fordert im Mordprozess lebenslange Haft für 31-jährigen Angeklagten

Kempten – Im Mordprozess Neuschwanstein hat die Staatsanwaltschaft gestern für den US-amerikanischen Angeklagten eine lebenslängliche Haftstrafe wegen Mordes und Versuchsmordes gefordert. Vergangenen Juni hatte der 31-Jährige auf einer Wanderung nahe der Marienbrücke zwei Urlauberinnen aus den USA, 21 und 22 Jahre alt, kennengelernt und laut Anklage schon nach wenigen Minuten brutal überfallen.

Die 21-Jährige soll er auf einem abgelegenen Weg stranguliert und vergewaltigt haben. Als die 22-Jährige ihrer attackierten Freundin helfen wollte, stieß er sie einen 50 Meter tiefen Abhang hinab. Auch die vergewaltigte 21-Jährige warf er dort hinunter. Sie starb, ihre Freundin nicht.

Die Verteidiger erklärten vor dem Landgericht Kempten, der Hang sei nicht so gefährlich gewesen und plädierten im Fall der älteren Frau nur für eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Gewalttat an der jüngeren Frau bewerteten sie – wie die Staatsanwaltschaft auch – als Mord.

Bei den Plädoyers saßen gestern auch erstmals die Eltern der getöteten 21-Jährigen im Saal. Es wurde ein Brief der Überlebenden vorgelesen. Die Frau berichtete von extremer Angst, die sie bis heute vor Angriffen ihrer männlichen Mitmenschen und dem Angeklagten habe. „Ich fühle mich, als ob ich am Abhang unten gestorben bin“, schrieb sie. Die Richter sollten dafür sorgen, dass der Angeklagte so eine Tat nicht erneut begehen kann.

Der Staatsanwalt verlangte, dass die Strafkammer im Urteil die besondere Schwere der Schuld feststellen soll. So könnte die Gefängnisstrafe nicht schon nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Er forderte zudem den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung des Mannes. In dem Fall könnten Richter nach der Haft noch eine Verwahrung anordnen, wenn der Beschuldigte weiter für gefährlich gehalten wird. Der Ankläger sprach von einer „Menschenleben verachtenden Gesinnung“ bei dem US-Amerikaner.

Zu Beginn des Prozesses hatte der 31-Jährige einen seiner Anwälte eine Erklärung vortragen lassen, in der er weite Teile der Vorwürfe einräumt. Selbst wollte er sich aber nicht zu den Vorwürfen äußern. Den Prozess verfolgte er regungslos auf der Anklagebank, meist mit gesenktem Kopf. Sein letztes Wort nutzte der 31-Jährige für eine Aussage: Er sei sehr traurig darüber, was mit den Opfern passiert sei. Das Landgericht Kempten will das Urteil am kommenden Montag verkünden.  dpa

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