Ein Haus für alle Berg-Narrischen

von Redaktion

VON CORNELIA SCHRAMM

München – Acht Madln kraxeln in kurzen Hosen durch das wilde Karwendel. Jede von ihnen lutscht einen Kieselstein statt zu trinken. Denn wer trinkt, der schwitzt. Und das ist verpönt unter den Wander-Damen im Jahr 1955. Damals war der Anblick der neu gegründeten Madlgruppe der Sektion Grafing des Deutschen Alpenvereins überhaupt noch ungewöhnlich. Erst nach und nach setzt der Bergtourismus, wie wir ihn heute kennen, ein. Erst dann werden Wege ausgebaut und Regeln aufgestellt: etwa, dass man die richtige Ausrüstung dabei hat und auf einer langen Wanderung bis zu drei Liter Wasser trinkt.

Die Madln von damals sind heute Seniorinnen. Friederike Kaiser hat sie besucht und gefragt, was sie am Bergsteigen fasziniert hat. „Ihre Eltern waren damals dagegen, dass sie statt dem Kirchgang sonntags in die Berge fahren“, sagt Kaiser. „Aber für die jungen Frauen war der Ausflug eben die Gelegenheit, um ihr Dorf mal zu verlassen und zu lernen, was Gemeinschaft heißt.“ Und genau das prägt die DAV-Jugend bis heute.

Kaiser leitet für den DAV den Geschäftsbereich Kultur und damit auch das Alpine Museum auf der Praterinsel in München. Nach drei Jahren Umbauzeit öffnet es ab Sonntag wieder seine Türen.

In der neu gestalteten Dauerausstellung „Darum Berge“ lassen sich nicht nur die Abenteuer der Grafingerinnen erleben. Auf 120 Quadratmetern werden Geschichten über mehr als 200 Jahre Bergsteigen erzählt. Warum sind wir noch immer so fasziniert von den Kolossen aus Fels und Eis, den Naturgewalten in aller Höhe und der Gemütlichkeit von Berghütten? „In der Ausstellung geht es in den fünf Kapiteln Abenteuerlust, Körperempfinden, Leistung, Natur und Gemeinschaft um die Beziehung zwischen Mensch und Berg – und zwar damals wie heute.“ Es geht um die frühe Expeditionen der Wissenschaftler und Bergvagabunden, die sich ihre Zelte und Rucksäcke noch selbst genäht haben. Genauso wie um die aktuellen Herausforderungen am Berg. Darum, wie der Klimawandel Nachhaltigkeit, Energie- und Wassersparen einfordert.

Urige Artefakte – von antiken Steigeisen bis zur Taschen-Apotheke anno 1910 – sind ausgestellt. Aber auch neuere Objekte, wie die Daunenjacke, die Alpinistin Ines Papert bei der Erstbesteigung des Likhu Chuli 2013 getragen hat. An Erlebnisstationen laufen Videos. Besondere Stücke lassen sich hinter Klappen und Schubladen an den wie Berggipfel geformten Ausstellwänden entdecken.

Moderner, offener und barrierefrei ist das Alpine Museum nach dem Umbau. 10,5 Millionen Euro hat der gekostet. Bund, Land, die Stadt und der Münchner Kulturbaufonds waren Förderer. Michael Feil aus Regensburg hatte sich bei einem Wettbewerb als Architekt durchgesetzt und das 1887 erbaute Haus von allem, was nachträglich verbaut wurde, entkernt und denkmalschonend modernisiert.

„Wir wollten sichtbarer sein“, erklärt Kaiser. „Der alte Eingang befand sich auf der Rückseite des Haues, jetzt befindet er sich an der Front in Richtung Isar-Kanal.“ An der Fassade prangt nun auch der Name des Museums in großen Messing-Lettern. Und das goldfarbene Metall bringt auch einen Hauch Glamour in die Innenräume, die sonst mit hellem Ahorn- und Eichenholz ausgestattet sind.

Wer von draußen eintritt, steht direkt im offenen Foyer mit Ticketschalter und Café. An der Decke leuchten weiße Kugeln. Hier im Erdgeschoss befinden sich die Dauerausstellung und Bibliothek. Im Obergeschoss der Festsaal, der nun durch zwei Nebenräume für Ausstellungen auf 340 Quadratmeter erweitert werden kann. „Die runden Fenster im Saal waren durch eine Decke abgehängt, jetzt schaut man durch die Okuli bis hinauf zum Maximilianeum“, sagt Kaiser. „Vorher waren die Räume verschachtelt und viel niedriger – jetzt kann man atmen.“ Eine Prise Bergluft. Mitten in München.

Der Eintritt

in das neue Alpine Museum ist bis 31. März kostenlos. Ab 1. April kostet er für Erwachsene 6 und für Senioren, Schüler und DAV-Mitglieder ermäßigte 3 Euro.

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