Ottobrunn – Für viel Aufsehen hat vergangenen Sonntag ein Schild vor der Eisdiele Cremagelato in Ottobrunn im Kreis München gesorgt. Bei Sonnenschein und frühlingshaften 15 Grad war die Schlange vor dem Laden lang – vor der Eingangstür folgte für viele Kunden dann die Überraschung in Form eines Aufstellers: „Liebe Kunden, wir möchten Sie höflich darauf hinweisen, dass an Sonn- und Feiertagen ab sofort eine Preiserhöhung um 10 Prozent gilt. Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Verständnis.“
Verständnis hat aber nicht jeder. In den Sozialen Medien wurde das Thema heiß diskutiert. „Sorry, aber das ist unverschämt!“, schreibt ein Nutzer. „Da gehe ich jetzt aus Prinzip nicht mehr hin. Lächerlich“, kommentiert ein anderer. Einige können die Mehrkosten für die Kugel allerdings auch nachvollziehen. „Wenn sie den Mitarbeitern wirklich einen Sonn- und Feiertagszuschuss zahlen, okay“, heißt es auch.
Inhaber Cristiano Visentin hat den Eindruck, dass die Kunden ihn in seiner Entscheidung unterstützen. „Die sind echt fantastisch. Wir sind die teuerste Eisdiele in der Umgebung, aber über unsere Preise regt sich selten jemand auf. Wir punkten mit Qualität und Service.“ Eine Kugel kostet bei ihm zwischen 2 und 2,50 Euro. Am Sonntag nun 2,20 bis 2,75 Euro. Für die Erhöhung nennt er vor allem die Suche nach Personal als Grund. „Man findet keine Leute mehr, die am Wochenende arbeiten wollen.“ Der Großteil seiner Mitarbeiter hat Familie und möchte die Zeit anders verbringen. „Ich kann das Geschäft nicht alleine machen. Ich brauche Helfer.“ Um sein Personal zu motivieren, auch am Sonntag zu arbeiten, zahlt er ihnen daher eine Bonusprämie. Diese Sonderzahlung wirke sich dann auf den Eispreis aus.
Visentin ist Transparenz dabei wichtig. Deshalb hat er mehrere Schilder und Plakate aufgestellt und -gehängt, um die Kunden auf die Neuerung hinzuweisen. „Die Entscheidung, die Mehrkosten in Kauf zu nehmen, liegt bei jedem selbst“, sagt er.
Auf der anderen Straßenseite sind Sonn- und Feiertagszuschlag für die Kunden der Dinkelbäckerei Dümig keine Neuheit. Die Bäckerei hat bereits seit Jahrzehnten zwei verschiedene Preise – unter der Woche und am Samstag sind die Backwaren rund zehn Prozent günstiger. Da kostet die Breze einen Euro, am Sonntag 1,10. Inhaber Florian Suntinger rechtfertigt das so: „Wir haben am Sonntag auf und bieten frische Waren, dafür muss der Kunde etwas mehr Geld zahlen.“ Denn auch die Mitarbeiter der Bäckerei bekommen am Sonntag einen Zuschlag. „So haben wir kein Problem mehr, am Wochenende Personal zu finden.“
Eine Aussage, die andernorts noch Wunschvorstellung ist. „Wir haben branchenübergreifend mit einem Personalmangel zu kämpfen“, bedauert Thomas Geppert, Landeschef des Hotel- und Gaststättenverbands. In der Gastronomie sei der Kampf um Mitarbeiter wegen stark schwankender Arbeitszeiten besonders groß. Die Betriebe seien gezwungen, sich etwas einfallen zu lassen, um die Arbeit in der Gastro wieder attraktiver zu machen.
Dynamische Preise und Sonderboni seien nur zwei von vielen Möglichkeiten, die Geppert für notwendig und sinnvoll hält. „Wenn man am Wochenende mehr Ausgaben hat, muss man eben auch mehr verlangen.“ Ein Konzept, das nicht nur in München Anhänger findet. Ob Dresden, Mönchengladbach oder Zittau – auch in anderen Bundesländern ziehen Gastronomen am Wochenende ihre Preise an. Einzige Voraussetzung: „Der Preis muss ausgezeichnet sein“, sagt Geppert.
Für die Bäckerei Dümig kein Problem. Auch hier informiert Inhaber Florian Suntinger seine Kunden mit Schildern über die höheren Preise an Sonn- und Feiertagen – und das seit vielen Jahren. Kritik gab es bisher keine.