Sommerrodeln statt Pistenparty

von Redaktion

Skilift-Betreiber entwickeln Alternativ-Pläne für Zukunft

Berchtesgaden/Bayrischzell – Am Jenner ist Schluss. Das Skigebiet bei Schönau am Königssee gibt auf. Es ist das Ende einer Ära. „Der alpine Skibetrieb hat am Jenner keine Zukunft mehr“, teilt die Berchtesgadener Bergbahn mit. Am 3. März sollte die Bahn Skifahrer zum letzten Mal auf 1800 Meter bringen. Doch selbst dafür reichte es nicht – es war zu warm. Am 18. Februar war Schluss.

Ist das auch die Zukunft anderer Skigebiete? Vorigen Winter standen in Bayern Lifte mitten in den Weihnachtsferien still. Der Schnee fehlte. Aber auch dieser Winter ist laut Meteorologen in den Alpen so warm wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert.

Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS) blickt – trotz oft zweistelliger Plusgrade – positiv auf die aktuelle Saison, die mit frühem Schnee teils vorzeitig startete, jetzt aber auch teils vorzeitig wieder endet. Bis Ostern bleiben viele deutsche Gebiete nicht geöffnet. Zum Beispiel das Skigebiet Sudelfeld in Bayrischzell im Kreis Miesbach. Geschäftsführer Egid Stadler hatte schon am 10. März die „Reißleine gezogen“. „Es war eine Entscheidung aus Sicherheitsgründen. Die Schneebänder sind immer enger geworden, abseits der Pisten gibt’s kein Polster mehr“, sagt er. „Die asphaltierte Straße, die bis ins obere Sudelfeld führt, ist immer öfter rausgekommen.“ Am Ende gab es zu viele Löcher, um sie mit Kunstschnee aufzufüllen.

95 Betriebstage hat das Sudelfeld diese Saison gezählt. Top-Bedingungen herrschten im Dezember. Trotzdem kamen um die 16 Prozent weniger Besucher als im Vorjahr.

Statt auf 80 Betriebstage kommt man am Oberammergauer Kolben im Kreis Garmisch-Partenkirchen heuer gerade mal auf 18. Schon seit 11. Februar ist der Betrieb eingestellt. Noch fangen die wirtschaftlich guten Sommer so „grottenschlechte“ Winter auf. Aber wie lange noch?

Erste Gedankenspiele haben Klement Fend, Geschäftsführer der AktivArena GmbH & Co. KG, und die anderen acht Gesellschafter schon im Kopf: Etwa die Sommerrodelbahn Alpine Coaster so umzubauen, dass sie auch wintertauglich ist.

Trotz der Herausforderungen wollen Bayerns Lift-Betreiber nicht aufgeben. „Wir setzen auch über die nächsten Jahrzehnte auf Ski Alpin – zusammen mit Zusatzangeboten für die ganze Familie. Erholsame Auszeiten in einer einmaligen Natur sind unvergleichbar und schaffen wertvolle Glücksmomente“, sagt VDS-Vorstandsmitglied Antonia Asenstorfer.

An der Zugspitze schaut es heuer gut aus. Bei knapp drei Metern Schnee sollen die Lifte bis Anfang Mai laufen. Für niedere Gebiete unterhalb von 1500 Metern erwarten Experten dagegen auf Dauer kaum mehr Schneesicherheit. Auch das Beschneien wird immer schwieriger, denn dafür muss es um die null Grad haben.

Durch höher gelegene Gebiete hat Österreich Vorteile – und gehörig investiert. Geschätzt 35 000 Schneekanonen produzieren künstliche Flocken. Klimamodelle zeigten, dass die Schneefallgrenze bis 2050 noch mal um 200 Höhenmeter steigt, sagt Robert Steiger, Tourismusforscher von der Universität Innsbruck. Mit Beschneiung wären dann noch 80 Prozent der Skigebiete in Österreich schneesicher – aber mit viel mehr Aufwand. Speicherteiche müssten vergrößert sowie Pumpleistung und Kanonen-Anzahl erhöht werden. Die Frage sei, welches Gebiet sich das leisten kann und welche Gäste entsprechend Aufschlag zahlen.

Monika Bandi, Co-Leiterin der Forschungsstelle Tourismus der Universität Bern, sieht deshalb neue Chancen für Bergorte: „Ich denke, dass die alpinen Gebiete den Vorteil einer Sommerfrische in zukünftigen sehr heißen Sommern haben. Sie werden auch im Sinne der Saisonverlängerung im November plötzlich schön und attraktiv.“ Das Skigebiet Sattel-Hochstuckli im Kanton Schwyz auf 1200 Metern konzentriert sich zum Beispiel schon jetzt auf den Sommer – mit Erlebnispark mit Rodelbahn, Hängebrücke und Drehgondelbahn. dpa/mas/nap

16 Prozent weniger Besucher am Sudelfeld

Angebote zur Sommerfrische als Chance für Bergorte

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