DAS PORTRÄT

Die Wandmalerin

von Redaktion

In ihrer Heimat hat Antje Lauer Spuren hinterlassen. Sehr schöne Spuren. Sie ist Wandmalerin. Am Schliersee im Kreis Miesbach ziert ihre Kunst einige Gebäude. Zum Beispiel hat sie ein Eingangsportal mit Pinseln und Farbe verschönert. Sie hat Stucksäulen in einer Kirche zu Marmorsäulen umgestaltet – eine alte Technik, die schon in den bayerischen Königsschlössern angewandt wurde. „Am liebsten arbeite ich an der frischen Luft“, sagt sie. Ihre persönlichen Glücksmomente: Wenn Spaziergänger stehen bleiben und ihr ein wenig bei der Arbeit zuschauen. „Manchmal kommt man dabei ins Gespräch“, erzählt sie.

Die Wandmalerei gehört zu den ältesten Kunstformen. Bekannt sind beispielsweise Felsenbilder in der Höhle von Lascaux im Süden Frankreichs, die wohl in der Altsteinzeit entstanden sind – also vor 30 000 Jahren. „Wandmalerei ist wie Musik“, sagt Antje Lauer. „Jede Farbe hat einen anderen Klang, einen anderen Ausdruck. Am Ende entsteht eine Komposition, die den Betrachter in seinen Bann zieht.“ Die Werke müssen immer auch zu den Gebäuden passen, betont sie. Zu ihrer Arbeit gehört auch der Respekt vor alten Mauern.

Für großflächige Wandbilder sind – inklusive Trocknungszeiten – bis zu sechs Wochen nötig. Für Fassaden ist eine intensive Vorplanung nötig. Bis sie fertig bemalt sind, können fünf bis sechs Monate vergehen. Die Bilder werden zuerst auf Leinwand skizziert. Die Maltechnik, der Untergrund und die Farbauswahl haben dann Einfluss darauf, wie die Fassade am Ende aussieht. Lauer findet es schön, dass ihre Werke immer öffentlich sind. „Ins Museum geht man vielleicht ein- oder zweimal im Jahr. Aber meine Werke kann jeder jeden Tag anschauen. Das allein ist schon eine Verpflichtung.“

Ihr Handwerk hat sich die Über-60-Jährige selbst beigebracht. Dann baute sie ihre Fähigkeiten an der Meisterakademie in Brüssel weiter aus. Doch um davon zu leben, verdient sie mit Wandmalerei zu wenig. Deshalb gibt sie für die Gäste am Schliersee Malkurse. UWE RITSCHEL

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