Schuldirektorin gegen Kürzung bei Musik

von Redaktion

Ministerium sagt: Es bleibt beim Reformplan

VON DIRK WALTER

Traunreut/München – Eigentlich sind Lehrer mit kritischen Äußerungen zur Schulpolitik zurückhaltend. Doch Cornelia Linnhoff, Direktorin der Staatlichen Realschule Traunreut (Kreis Traunstein), macht aus ihrer Enttäuschung über die Reform der Grundschule kein Geheimnis. Sie hat 2003 in Wasserburg die erste Bläserklasse an einer bayerischen Realschule überhaupt gegründet. Inzwischen sind Musikklassen gängige Praxis – aber vielleicht nicht mehr lang: Die Grundschul-Streichungen gefährde das Konzept, fürchtet sie.

Dass zugunsten von Mathe und Deutsch bei Kunst, Musik und Werken gestrichen werden solle, sei „kontraproduktiv“, sagt Linnhoff. Sie ist Musik- und Englisch-Lehrerin, doch ihr Direktorinnenjob lässt ihr kaum Zeit für Unterricht. Das wenige, was bleibt, investiert sie in Musik. Derzeit ist sie auf Probentagen mit den Musik-AGs ihrer Schule. Zudem lernt sie privat noch ein neues Instrument: Posaune. „Dass Musik und Kunst hohe Kulturgüter sind, an die man Kinder möglichst früh heranführen muss, weil man sie sonst nicht mehr erreicht, haben bereits hochrangigere Musiker und Musikerinnen als ich in ihrem offenen Brief an die Staatsministerien ausgeführt“, schreibt sie in einer Stellungnahme für unsere Zeitung. Aber es sei ja klar gewesen, spottet sie: Kürzungen gebe es trotzdem, und „die Wahl fällt natürlich auf das überflüssige Trallala und Hopsasa, Gekritzel und Geklebe, auch genannt Musik, Kunst und Werken“.

Musik bewirke mehr, als man denkt, sagt die Schulleiterin. Neben der Stärkung der Psyche habe aktives Musizieren auch deutliche Auswirkungen auf das Sozialverhalten. Nur wenn man auf die anderen hört und Rücksicht nimmt, sich selbst einbringt und auch mal zurücknimmt, gelinge ein Musikstück.

Musikklassen, sagt Linnhoff, seien „kreativer, sprachbegabter, konzentrierter“. In der ein oder anderen Form gebe es heute an fast jeder bayerischen Realschule eine Musikklasse – für Bläser, Chor, Percussion oder auch Streicher. Sehr beliebt seien neuerdings auch Band-Klassen, sagt Linnhoff. Im Unterschied zu normalen AGs sind Musikklassen in den normalen Stundenplan integriert. Von dem Vorschlag von Kultusministerin Anna Stolz (FW), künftig epochalen Unterricht anzubieten, also erst ein halbes Jahr Musik, dann ein halbes Jahr Kunst, hält Linnhoff gar nichts. „Das wäre der Killer für Musik.“ Man müsse am Ball bleiben, dürfe nicht einfach mal ein halbes Jahr pausieren.

Daher appelliert die Schulleiterin in Richtung Staatsregierung: „Kürzt nicht ein Fach, das unsere Kinder in ihrer Konzentrationsfähigkeit, in ihrer Kreativität, in ihrem Sozialverhalten, in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Resilienz stärkt.“ Das Gegenteil sei wichtig.

Gegen die von der Staatsregierung unter Ministerpräsident Markus Süder (CSU) beschlossenen Kürzungen sprach sich auch ein runder Tisch „Kreative Fächer“ aus, den die Landtags-Grünen organisiert hatten. „Ein Tag ohne Singen ist ein verlorener Tag im Leben eines Kindes“, wird Stargeigerin Julia Fischer dabei zitiert.

Das Kultusministerium betonte indes auf Anfrage, die Diskussion sei gelaufen, die Reform beschlossen. „Derzeit wird die Umsetzung zum nächsten Schuljahr innerhalb des Ministeriums geplant.“

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