Cannabis-Gesetz hat Folgen für Justiz

von Redaktion

Einige Straftäter könnten Ostersonntag aus Haft entlassen werden – Riesenaufwand für Gerichte

München – Die Legalisierung des Cannabis-Besitzes bis zu 50 Gramm oder drei Pflanzen hat weitreichende Folgen für Gerichte, Staatsanwälte und Polizei. Möglicherweise müssen am Ostersonntag, einen Tag vor Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung, einige Straftäter aus der Haft entlassen werden. „Es ist nicht auszuschließen, dass Personen auf freien Fuß gelangen“, bestätigt Florian Weinzierl, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München. Wie viele das sein könnten, kann er nicht sagen.

„Es ist ein Riesenaufwand, das festzustellen.“ Die Akten müssen per Hand durchgeblättert werden – sowohl bei Untersuchungshäftlingen als auch bei rechtskräftig verurteilten Straftätern. Denn im Bundeszentralregister, das natürlich digital eingesehen werden kann, werden neben dem Urteil nur die Strafgründe aufgeführt, nicht aber die Drogenmengen. Wie stark sich die Strafen zugunsten der Angeklagten ändern könnten, ergibt sich aus dem neuen Gesetz. Doch das ist noch nicht so genau bekannt. Ein Praxisleitfaden ist laut Weinzierl in Arbeit. Sicher ist bisher nur eine Verschiebung des Strafrahmens in Richtung geringere Mindeststrafen.

Die Juristen befürchten, dass durch die neue Legalisierung Ermittlungsansätze gekappt werden. Wurde bislang ein Dealer mit 25 Gramm abgepackten Cannabis-Einheiten gefasst, konnten umgehend Wohnung und Handy nach weiterer Ware oder weiteren Händlern wie Abnehmern durchsucht werden. Das fällt jetzt weg. Ab 1. April werden die Zugriffsbeamten erst einmal abschätzen müssen, wie viel Cannabis sie gerade entdeckt haben. Oder sie führen im Auto eine Feinwaage mit, die aber sehr genau sein muss. Denn tatsächlich gilt ab kommenden Montag folgende Regelung: Der Besitz von 26 bis 30 Gramm Cannabis ist eine Ordnungswidrigkeit und hat ein Bußgeld zur Folge. Ab 31 Gramm Besitz gibt es eine Strafanzeige, auf den ein Strafbefehl folgt. Generell wird bei der Berechnung einer illegalen Menge nicht der erlaubte Besitz von 50 Gramm von der vorhandenen Menge abgezogen – es zählt der Besitz oberhalb der Freigrenze.

Pressesprecher Florian Weinzierl geht davon aus, dass der Gesetzgeber nicht das gesamte Ausmaß der Konsequenzen bedacht hat. „Da steckt noch mehr gesellschaftlicher Sprengstoff drin“, befürchtet er und verweist auf die Zusammenarbeit mit dem Ausland. Nicht nur Auslieferungsgesuche könnten schwieriger werden, auch das Aufspüren von Kriminellen.

Im Moment sind die Staatsanwälte intensiv mit der Rückabwicklung der Amnestie beschäftigt. „Es wird spannend“, sagt Weinzierl. Denn neben ordentlichen Anträgen auf vorzeitige Entlassung, befürchtet er auch komplett unsinnige Forderungen. ANGELA WALSER

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