Ärzte-Ärger über die Ein-Ei-Empfehlung

von Redaktion

VON ANDREAS BEEZ

München – Wenn es nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) geht, sollen wir künftig maximal ein Ei pro Woche essen. Doch nach der Einschätzung des renommierten Münchner Ernährungswissenschaftlers Professor Hans Hauner gehört dieser Rat eher in die Biotonne. „Ich bin unglücklich über die neue Empfehlung“, sagt Hauner. „Eier sind ein wertvolles Lebensmittel und fester Bestandteil unserer Esskultur in Mitteleuropa.“

Der Hintergrund des Ostereier-Streits: In diesem Monat hat die DGE ihre aktualisierten Ernährungsempfehlungen veröffentlicht. Darin geht es im Wesentlichen darum, dass eine überwiegend pflanzliche Ernährung nach den Erkenntnissen aus zahlreichen Studien wesentlich gesünder ist als eine Ernährung mit vielen tierischen Produkten, vor allem mit Wurstwaren und rotem Fleisch. Als Konsequenz daraus gibt das Expertengremium die Faustregel aus, man solle nicht mehr als 300 Gramm rotes Fleisch sowie nicht mehr als ein Ei pro Woche essen.

Seitdem diskutieren sich Experten vor allem über die Ein-Ei-Regel die Köpfe heiß – gerade vor Ostern. „Sollen wir unseren Patienten sagen, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie ihr einziges Osterei am Ostersonntag oder am Ostermontag essen? So ein Schmarrn“, empört sich ein Münchner Mediziner im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch Professor Hauner betont: „Jetzt über die Osterfeiertage kann man ruhig mal ein paar Ostereier essen.“ Nach seiner Einschätzung kann man sich guten Gewissens bis zu drei Eier pro Woche gönnen.

Was aber soll eigentlich so schädlich an Eiern sein, dass man sie rationieren muss? Immer wieder wird über den Cholesteringehalt diskutiert. Hohe Blutfettwerte gelten als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa Gefäßschäden mit Herzinfarkt und Schlaganfall als Folge. Das räumt auch Prof. Hauner ein: „Ein kleines Problem stellt lediglich der hohe Cholesteringehalt mit 200 bis 250 Milligramm pro Ei dar, der bei hohem Verzehr von Eiern die Cholesterinspiegel und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten geringgradig erhöhen kann.“ Trotzdem seien Eier ein „wertvolles Lebensmittel“, so Hauner.

Auch Prof. Ulrich Laufs vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung sagt: „Diese Sorge ist unbegründet. Denn der Cholesteringehalt eines einzelnen Nahrungsmittels beeinflusst den Cholesterinspiegel im Blut wenig. Im Wesentlichen ist der Cholesterinstoffwechsel genetisch determiniert, ererbt aus der Familie.“

Doch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat bei ihrer Ein-Ei-Regel nicht nur gesundheitliche, sondern auch ökologische Aspekte berücksichtigt: „Die Portionsangabe von einem Ei pro Woche beruht nicht auf einer Begrenzung aus gesundheitlichen Gründen, z. B. dem Cholesterin. Es ist eine Menge, die für die Nährstoffzufuhr und Gesundheit ausreichend ist, zugleich die Umwelt nicht stärker als nötig belastet und die den durchschnittlichen Verzehrgewohnheiten der deutschen Bevölkerung entspricht“, erklärt die DGE.

Dem hält Ernährungswissenschaftler Hauner entgegen: „Die ökologische Belastung durch Eiverzehr ist meines Erachtens gering. Eier aus regionaler Produktion unter halbwegs vernünftigen Bedingungen (Freilandhaltung) stellen kein ökologisches Problem dar. Daher tue ich mich schwer, diese Empfehlung nachzuvollziehen.“

Zumindest mit Blick auf Ostern rudert die DGE jetzt ein bisschen zurück: „Auch wenn die neuen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE nur ein Ei pro Woche beinhalten, können zu Ostern durchaus mehrere Eier verzehrt werden. Eier enthalten wichtige Nährstoffe wie biologisch hochwertiges Protein, ungesättigte Fettsäuren, Vitamin A, D und B-Vitamine sowie Mineralstoffe.“ Und weiter: „Wenn gelegentlich mehrere Eier pro Woche verzehrt werden, hat das keinen Einfluss auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sofern man sich insgesamt gesundheitsfördernd ernährt.“

Ein unbegrenzter Verzehr von Eiern sei im Rahmen einer pflanzenbetonten Ernährung dennoch nicht zu empfehlen, so die DGE weiter. Aber: „Sie können als tierische Lebensmittel den Speiseplan ergänzen und Bestandteil einer gesundheitsfördernden Ernährung sein.“

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