Der Papst und sein Teddy

von Redaktion

Eine Sonderausstellung in Marktl am Inn zeigt ab Sonntag ganz private Stücke von Benedikt XVI.

VON MATTHIAS BIEBER

Marktl – Im Advent 1928 spazierte der anderthalbjährige Joseph Ratzinger mit seinen beiden Geschwistern Maria und Georg, die den Jüngsten an die Hand nahmen, jeden Tag von ihrem Haus über den Marktplatz zum Kaufhaus Lechner in Marktl am Inn. Im Schaufenster mit Weihnachtsgeschenken fiel ihm sofort der Teddybär ins Auge. Den liebte er besonders. Umso größer war die Enttäuschung, als er irgendwann kurz vor Heiligabend weg war. Es flossen Tränen der Trauer.

Aus denen wurden allerdings Freudentränen, als Joseph ihn ein paar Tage später unter dem Christbaum auspackte. Das war sozusagen der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Der Teddybär begleitete Papst Benedikt bis zu seinem Tod.

Das und viel mehr weiß Franz Haringer vom Bruder des späteren Papstes Benedikt, Georg Ratzinger. Der war drei Jahre älter als sein kleiner Bruder und „ein begnadeter Geschichten-Erzähler“, sagt der Leiter der Begegnungsstätte im Geburtshaus Benedikt XVI., der heutigen Begegnungsstätte mit Ausstellung. Am Sonntag öffnet hier eine neue Ausstellung mit persönlichen Stücken des bayerischen Papstes.

Jetzt können Besucher auch ganz private Herzensdinge Joseph Ratzingers anschauen. Im Mittelpunkt: der berühmte Teddybär. „Einmal gingen die drei Ratzinger-Kinder sogar ins Geschäft und fragten nach dem Namen des Stoffbären im Schaufenster“, sagt Haringer. Und erhielten die Antwort: „Teddy“. Bei dem Namen blieb es auch. Teddy konnte das Eis brechen. Der treue Begleiter folgte Ratzingers überall hin, zum Beispiel zu den vier Universitäten, an denen er lehrte.

Der Theologe lud gerne Studenten zu sich nach Hause ein, um zusammen zu speisen und zu reden. Ein junger österreichischer Student war nervös, bei dem großen Religionswissenschaftler eingeladen zu sein. Die Geschichte spielt in Bonn. Doch an der Tür empfing ihn Ratzinger mit dem Teddy auf dem Arm und sagte: „Schau, Teddy, wir haben Besuch.“ Dann stellte er den jungen Mann dem Stofftier vor und umgekehrt. Alles lief prima.

Als Höhepunkt seiner Karriere zog es den Polizistensohn aus Marktl nach Rom. Im Gepäck? Der 30 Zentimeter große Teddy, das bestätigte laut Haringer der frühere Papst-Privatsekretär Georg Gänswein. Der Stoffbär saß bis zuletzt in Benedikts Arbeitszimmer. „Ich glaube, dass er sich was aus der Kindheit mitnehmen wollte, gerade weil die Familie so oft umgezogen war“, sagt Haringer. „Der Bär war eine Erinnerung an die Weihnachtsfreuden, die er als Kind erlebt hat.“

Auch das Holzkreuz, das in der neuen Ausstellung gezeigt wird, hat eine Geschichte. Es wurde von den Einwohnern Hufschlags im Landkreis Traunstein aus einer Astgabel geschnitzt und Josephs Vater geschenkt. Auch das Kruzifix hielt Benedikt bis zu seinem Tod in Ehren.

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