Bayerns Felder und Weiden schwinden

von Redaktion

Seit der Nachkriegszeit ging Agrarfläche vom Ausmaß der gesamten Oberpfalz verloren

München – Bayern hat in weniger als 50 Jahren mindestens 5000 Quadratkilometer Felder, Wiesen und Weiden verloren. 1980 belief sich die landwirtschaftliche Fläche in Bayern demnach noch auf knapp 37 600 Quadratkilometer, 2022 waren es dann noch 32 500, wie ein Vergleich der „Flächenerhebungen nach Art der tatsächlichen Nutzung“ des Statistischen Landesamts aus mehreren Jahrzehnten zeigt.

Blickt man noch länger in die Vergangenheit zurück, so könnte Bayern seit der Nachkriegszeit sogar um die 9000 Quadratkilometer Landwirtschaftsfläche verloren haben. Zur Veranschaulichung: Das entspräche nahezu der gesamten Oberpfalz oder fast 30-mal der Fläche Münchens. Im Statistischen Jahrbuch 1952 wurde die bayerische Agrarfläche demnach noch auf 39 266 Quadratkilometer beziffert.

„Der Flächenverbrauch ist ein massives Problem“, sagt Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands. Felßner argumentiert, dass die Landwirtschaft vier Funktionen erfüllen müsse: die Ernährung sicherstellen, regenerative Energieerzeugung, die Herstellung biologisch abbaubarer Produkte sowie den Schutz von Boden, Wasser, Artenvielfalt und Klima. Damit dies gelingen könne, brauche man landwirtschaftliche Nutzfläche. Die für die Landwirtschaft verlorenen Flächen sind zwar nicht sämtlich der Bautätigkeit zum Opfer gefallen. So hat Bayern dank der Vermehrung der Baggerseen heute auch etwas mehr Gewässer als früher. In den Nachkriegsjahrzehnten wurden Siedlungs- und Verkehrsflächen zudem noch nicht in der amtlichen Statistik erfasst. Doch dass der Hauptgrund für die bislang unaufhaltsame Entwicklung in der Bautätigkeit liegt, zeigen allein die Zahlen aus der jüngeren Vergangenheit. Im Statistischen Jahrbuch 1989 waren knapp 5980 Quadratkilometer als Siedlungs- und Verkehrsfläche erfasst, 8,5 Prozent der Landesfläche. 2021 waren es dann schon gut 8630 Quadratkilometer, ein Anteil von über 12 Prozent. Ein Teil dieser Verluste war unvermeidlich, weil die bayerische Bevölkerung seit 1951 von damals gut neun auf heute über 13 Millionen Menschen gewachsen ist und Bayern sich vom Agrar- zum Industriestaat gewandelt hat. Dass in Bayern seit Jahrzehnten weit mehr Boden verbraucht wird als bei besserer Planung möglich wäre, bezweifelt jedoch kaum jemand.

So sind für viele Kommunen neue Gewerbe- und Industrieansiedlungen eine wesentliche Einnahmequelle, da neue Betriebe zusätzliche Gewerbesteuern bringen. Das verstärkt den Trend zur Zersiedlung, Kritiker sehen die kommunale Planungshoheit als eine der Ursachen. An denen will die Staatsregierung jedoch nicht rühren, auch die Forderungen der Opposition nach einer rechtlich bindenden Einschränkungen des Flächenverbrauchs lehnt die CSU/Freie Wähler-Koalition ab. Der Bauernverband sieht im Verlust land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen ein Risiko für die sichere Lebensmittelversorgung in Bayern. Im Raum steht auch die Androhung eines Volksbegehrens. CARSTEN HOEFER

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