München – Die heftigen Niederschläge in den vergangenen Tagen in Bayern können nicht darüber hinwegtäuschen: Die Grund- und Trinkwasserversorgung wird in Bayern ein immer drängenderes Thema werden. Bei einer von den Landtags-Grünen beantragten Expertenanhörung im Umweltausschuss des bayerischen Landtags sind sich die Fachleute einig, dass rasch die Weichen dafür gestellt werden müssen, damit die Menschen auch in Zukunft ausreichend mit dem wichtigsten Lebensmittel versorgt werden. Über die Maßnahmen indes sind sich die Experten freilich nicht einig.
Wie berichtet, soll in Bayern ein Wassercent eingeführt werden. Jeder, der Wasser aus der Tiefe entnimmt, soll eine noch zu bestimmende Abgabe entrichten. Doch hier scheiden sich die Geister, wie die Anhörung zeigt. Juliane Thimet, stellvertretende Geschäftsführerin des Bayerischen Gemeindetags, hält es wegen der hohen Belastungen der Verbraucher „jetzt für den falschen Zeitpunkt“. Was man als Allerletztes gebrauchen könne, sei zudem eine Konfrontation mit der Landwirtschaft.
Die Bauern fordern, dass sie von einer solchen Abgabe befreit werden. Stefan Köhler, Umwelt-Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV), sagt, dass die Landwirte nicht einmal für zwei Prozent der Wasserentnahme verantwortlich seien. „Wir wollen das Wasser nicht leerpumpen, wie das gerade in Spanien passiert“, sagt Köhler auf Nachfrage. Auch die Bauern wollten, dass Wasser nachhaltig genutzt werde. Da, wo starker Wasserverbrauch sei wie im Knoblauchsland, müsse gemessen werden – das werde auch schon mustergültig mit Wasseruhren vollzogen. Man müsse es aber mit Maß und Ziel machen, denn Wasseruhren und digitale Systeme kosteten Zeit und Geld. Es sei ein Unterschied, ob ein Bauer in Niederbayern ein kleines Beerenfeld mit Tröpfchen-Bewässerung versorge oder ein Mineralwasser-Hersteller, der das Wasser einfach aus dem Boden hole und in eine Plastikflasche umfülle, das für den 30-fachen Preis verkaufe. Die Wasserversorger hätten Angst, glaubt Köhler, sie müssten die schlechte Nachricht überbringen, dass das Wasser teurer werde. Deswegen fordere der Gemeindetag, dass die Politik das kommunizieren müsse. Schließlich seien die meisten Wasserversorger in der Hand der Kommunen. Der Wassercent muss nach Überzeugung der Bauern für kooperative Wasserschutzprogramme und Infrastrukturprojekte eingesetzt werden – „das sollte der Nutzer des Wassers aufbringen“. Die Landwirtschaft habe eine Doppelfunktion: „Unter unseren Flächen wird Grundwasser gebildet, und wir leisten einen Beitrag zu Nahrungsmittelversorgung. Deshalb sollten wir nicht zusätzlich belastet werden, weil wir auch dem globalen Markt ausgesetzt sind.“
Pläne von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von einer „Wasserspange“, über die Wasser vom Bodensee bis nach Nordbayern geleitet werden soll, sehen die Experten skeptisch. Das sei teuer und dauere mindestens 20 Jahre. Stattdessen sei es sinnvoller, Trinkwasser-Talsperren in Franken anzulegen.
Dass in den vergangenen 20 Jahren die Grundwasser-Neubildung um 20 Prozent zurückgegangen sei, bereitet den Experten Sorgen. Sie plädieren für einen sorgsameren Umgang mit der kostbaren Ressource, warnen vor weiterer Flächenversiegelung. Das Wässern des Rasens, Autowaschen mit Trinkwasser oder Füllen eines Pools wird laut BBV-Vize Köhler bisher gar nicht eingeschränkt: „Wenn das Wasser wirklich so knapp wird, dann muss jeder sparen – nicht nur die Landwirtschaft.“ CLAUDIA MÖLLERS