Neues Buch über Bayerns Ministerpräsidenten

von Redaktion

„Das schönste Amt der Welt“

VON DIRK WALTER

München – Im Kuppelsaal der Bayerischen Staatskanzlei sitzen zwei Urenkel von Wilhelm Hoegner, dem einzigen Nachkriegs-Ministerpräsidenten in Bayern, den die SPD bisher stellte. Gekommen sind auch Enkel Hans Ehards, Urenkel von Hanns Seidel, die Söhne Alfons Goppels und Max Streibls, Thomas (einst Wissenschaftsminister) und Florian (heute FW-Fraktionschef). Aber vor allem redet bei diesem Termin einer: der Hausherr Markus Söder.

Er hat eingeladen, weil zwei Historiker, Rainald Becker und Christof Botzenhart, ein Buch über die 16 bayerischen Ministerpräsidenten von 1918 bis 2018 herausgegeben haben. 16 fachkundig verfasste, manchmal etwas verklärende Biografien über drei Sozis, zwei Nazis, einen Rechtsnationalisten und zehn honorige Konservative. „Sie haben sich um die bayerische Geschichtsschreibung verdient gemacht“, zollt Söder den Historikern Lob. Er würdigt in seiner Rede sogar Bayerns ersten Ministerpräsidenten, den Sozialisten Kurt Eisner, der 1918 die Revolution machte und den König Ludwig III. verjagte. Immerhin das – denn als Söder zum 100. Geburtstag des Freistaats vor fünf Jahren in die Oper einlud, erwähnte er den viel geschmähten Eisner mit keiner Silbe („seine königliche Hoheit“ Herzog Max im Saal begrüßte er hingegen damals sehr herzlich).

Jetzt ist mehr Geschichtsbewusstsein. Pflichtschuldig geht Söder die Reihe seiner Vorgänger (bis heute keine Frau!) durch, nennt Hoegner „einen großen Mann“, Alfons Goppel den „Inbegriff des Landesvaters“ und schwelgt in Erinnerungen an Franz Josef Strauß und sein Bonmot über das Ministerpräsidentenamt als „das schönste Amt der Welt“ – was diesen aber nicht hinderte, als Bundeskanzler zu kandidieren.

Auch Horst Seehofer, nicht Söders bester Freund, wird von seinem Nachfolger gelobt. Er übernahm das Amt in einer sehr schwierigen Phase, daran erinnert Söder: Landesbank-Schulden, Finanzkrise, und dann hatte die CSU auch noch die absolute Mehrheit verloren – das habe Seehofer schon bravourös gemeistert und zudem die wegen der Vertriebenen heiklen Beziehungen zu Tschechien entscheidend verbessert. Vor allem redet Söder dann aber, wie großartig Bayern ist und dass es eben ein besonderes Bundesland ist mit seiner vielhundertjährigen Geschichte, ganz anders als das Saarland oder Nordrhein-Westfalen. Auch die gewohnten Anspielungen auf den FC Bayern fehlen nicht.

Ein wenig spricht der amtierende Ministerpräsident auch über das Amt. Ministerpräsidenten, sagt Söder, sind „auch Strategen“ für das Land. Gemeint ist wohl: Sie brauchen eine Idee von Bayern und für ihre Politik. Das war bei Edmund Stoiber zum Beispiel der Umbau des Freistaats vom Industrie- zum Hightech-Staat. Söder nennt exemplarisch große politische Leistungen der Vergangenheit, sei es Gebietsreform, Olympia 1972 oder den Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals. Da schwingt Respekt mit, aber auch Bedauern, dass solche epochalen Leistungen heute kaum noch durchzusetzen sind.

Da hätte man gerne noch mehr gewusst. Kann man Bayerns Geschichte heute noch als Geschichte (zumeist) großer Männer schreiben? Und wie mächtig ist ein Ministerpräsident heute? Bei der Veranstaltung im Kuppelsaal wird das nur kurz angerissen, als der Historiker Rainald Becker erwähnt, das Amt sei im Laufe der Jahrzehnte „immer wichtiger“ geworden. Mehr kann er nicht sagen, denn er kommt nach einer Dreiviertelstunde Söder-Rede nur einmal zu Wort.

R. Becker/C. Botzenhart

(Hg.): Die Bayerischen Ministerpräsidenten 1918-2018, Verlag Friedrich Pustet, 423 S., 38 Euro

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